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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

trug, konnte noch nicht festgestellt werden. Vielleicht haben diejenigen nicht unrecht, welche in dem Erbauer des Nürnberger Rathauses, Jakob Wolff dem Jüngeren, den Künstler des Pellerhauses vermuten. Es hat diese Annahme um so mehr für sich, als Wolff nachweisbar im Jahre 1600 auf Studienreisen sich begab und erst 1605 wieder und zwar als Stadtwerkmeister in den Akten erscheint, also gerade in dem Jahre, in welchem das Pellerhaus vollendet wurde. Eine fünfjährige Studienreise wäre etwas lang gewesen, dagegen wäre es sehr begreiflich, daß der reichste Kaufmann der Stadt den Rat vermochte, dem damals tüchtigsten Architekten innerhalb ihrer Mauern einen Urlaub zur Ausführung seines Hauses zu gewähren, der bis zur Vollendung desselben im Jahre 1605 dauerte. Daß er nach Uebernahme der Aufgabe zunächst eine Studienreise nach den palastreichen Handelsstädten Oberitaliens antrat, um sich für die Ausführung vorzubereiten, macht die Eigentümlichkeit des Hauses wahrscheinlich genug.

Viele hohe Gäste hat das Pellerhaus in seinen Räumen gesehen, von welchen wohl mancher sein eigenes Heim gern gegen dieses Wohnhaus vertauscht hätte. Sicher gehörten zu denselben auch Fürst Oktavio Piccolomini, Herzog von Amalfi, und der schwedische Kanzler Oxenstierna, wenn sie auch die Präliminarien zu dem Westfälischen Frieden, der dem bis auf den Tod erschöpften Deutschen Reiche die heißersehnte Ruhe gab, nicht in diesem Hause, sondern auf der Pellerschen Besitzung vor der Stadt, in dem malerischen Schlößchen Schoppershof, unterzeichneten, das bis auf unsere Zeit der charakteristischste Repräsentant der Landsitze der altnürnberger Patrizier geblieben ist. Wie oft mögen in jenen Tagen diese hohen Herren und noch viele andere fremde Gäste in den prächtigen Sälen fröhlicher Geselligkeit gepflogen, welch schönes Bild mag die Gesellschaft jener Tage mit ihren reichen, farbenbunten Kostümen in so vorzüglichem Rahmen geboten haben! – Durch Zufall erhielt das Pellersche Haus, das früher auch das „weiße“ genannt ward, einen weiteren wertvollen Schmuck in einem großartigen Kronleuchter aus Krystall, den das Handlungshaus Peller und Viatis für den Fürsten von Thurn und Taxis in Brüssel in dessen Auftrag zu Mailand hatte fertigen lassen. Der Fürst fand den Preis des Leuchters zu hoch, so daß er schließlich Peller blieb, der nun für sein Wohnhaus passend fand, was dem Fürsten für sein Schloß zu teuer gewesen.

Der Hof.

Im Besitze der Familie Peller, die vom Kaiser schon frühzeitig in den Adelstand erhoben worden war und der Stadt Nürnberg tüchtige Bürger gegeben hat, blieb das interessante Baudenkmal bis zum Jahre 1828, in welchem es an einen Spiegelfabrikanten verkauft wurde. Die wertvollen Gemälde und sonstigen Kunstwerke, sowie die Bibliothek gingen ebenfalls in neuen Besitz über. Der Käufer des Hauses hatte ein gutes Geschäft gemacht; er veräußerte den kostbaren Kronleuchter an den König von Preußen, der ihn im Rittersaale des königlichen Schlosses zu Berlin aufhängen ließ. Der Kronleuchter ist somit in seinem Alter zu hohen Ehren gelangt: er spendet jetzt den Gästen des Deutschen Kaisers sein Licht. Der Erlös für den Kronleuchter allein soll den Kaufpreis des Hauses gedeckt haben.

Seitdem das Haus von der Familie verkauft wurde, hat es mehrmals den Besitzer gewechselt. Gegenwärtig ist es Eigentum des Hofmöbelfabrikanten Eyßer und somit in guten Händen. Er ließ das Haus im Jahre 1882/83 einer gründlichen und kundigen Händen anvertrauten Restauration unterziehen, bei welcher herrliche Vertäfelungen, die unter dickem Oelfarbenanstrich verborgen waren, in alter Schöne erstanden und ein architektonisch merkwürdiger und reich ornamentierter Holzplafond neu entdeckt wurde. So ward dem durch das Alter drohenden Verfall Einhalt gethan und die Fortexistenz dieses kostbaren Denkmales deutscher Spätrenaissance gesichert.

Eyßer, als einer der hervorragendsten Industriellen Deutschlands auf seinem Gebiete, hat es verstanden, den Erzeugnissen seines Hauses einen Weltruf zu verschaffen. Sein großes Lager mustergültiger Möbel aller Stilarten, mit denen Werke der übrigen Zweige des modernen deutschen Kunstgewerbes vereinigt sind, hat in diesem Prachtgebäude, das ein vorzügliches Relief für diese Werke bildet, geschmackvolle Aufstellung gefunden. Kein zweiter Kunstindustrieller kann sich rühmen, ein solch vornehmes Lagerhaus von solcher Vergangenheit sein eigen zu nennen. Einen Vorteil hat die heutige Verwendung des Prachtgebäudes noch: es kann in der Gegenwart von jedermann besucht und besehen werden, was früher nur einigen Auserwählten zugänglich war. Auch jetzt noch gehen Könige in diesem Hause ein und aus, die nicht allein das merkwürdige Baudenkmal bewundern, sondern auch Meister Eyßer gern ihre Kundschaft zuwenden.

Am 15. August 1870 wurde der letzte Sprosse des Geschlechtes der Peller von Schoppershof, der Hauptmann Karl Friedrich, im Alter von 29 Jahren in die Familiengruft hinabgesenkt. Ein tapferer Offizier, starb er an seinen in der Schlacht bei Wörth erhaltenen mehrfachen Verwundungen den Heldentod. Das Gedächtnis aber an den Reichtum, die Pracht- und Kunstliebe dieser Patrizierfamilie wird der stolze Bau des Ahnherrn für alle Zeiten rege erhalten.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_125.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2020)