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Blätter und Blüten


Ein Denkmal für Johannes Honterus. Die Siebenbürger Sachsen rüsten sich für das Jahr 1898 zu einer Feier, die sicher auch im alten Stammlande einen lebhaften Wiederhall finden wird. Gilt es doch, das Andenken eines Mannes zu verherrlichen, der einst in schlimmen und sturmbewegten Zeiten in Siebenbürgen für deutschen Sinn, Bildung und Geistesfreiheit kraftvoll eintrat, für den Reformator Johannes Honterus, den Luther den „Evangelisten des Herrn im Ungarlande“ genannt hat.

Johannes Honter – so hieß dieser treffliche Mann mit seinem eigentlichen Familiennamen – erblickte im Jahre 1498 als der Sohn eines einfachen Bürgerhauses in dem bergumkränzten Kronstadt das Licht der Welt. Als siebzehnjähriger Jüngling ging er nach Wien, wo er sich vorwiegend mit humanistischen Studien beschäftigte. Später wandte er sich nach Krakau und Basel, wo er einige wissenschaftliche Werke, darunter die erste Landkarte von Siebenbürgen, herausgab. Im Jahre 1533 folgte der Magister der freien Künste dem Rufe seiner Vaterstadt und kehrte nach Kronstadt zurück. Er brachte mit sich Werkzeuge und Gehilfen zur Errichtung einer Buchdruckerei, der ersten in Siebenbürgen.

Die Thätigkeit, die Honterus nunmehr in seiner Heimat entfaltete, war eine überaus ersprießliche. Als „Lektor“ an der Kronstädter Schule angestellt, hob er dieselbe zu hoher Blüte, so daß sie einen bedeutenden Ruf erlangte. Noch heute besteht sie und führt den Namen „Honterus-Gymnasium“. Zahlreich waren auch die Lehrbücher, die der nimmer rastende Mann verfaßte und in seiner Druckerei erscheinen ließ. In kaum 20 Jahren hat Honterus im Dienste der Schule und Kirche nicht weniger als 44 Sammelwerke veröffentlicht. Hand in Hand mit der Verbesserung des Schulwesens ging die reformatorische Thätigkeit auf dem Gebiet der Kirche. Im eigenen Hause hielt Honterus vor dem zuströmenden Volke begeisternde Predigten, und 1542 gab er sein „Reformationsbüchlein“ heraus, dessen Vorschläge bald für die sächsischen Gemeinden maßgebend wurden. Als Stadtpfarrer von Kronstadt beschloß Honterus im Jahre 1549 sein Leben. Er verlieh den Siebenbürger Sachsen die geistigen Waffen, mit welchen sie ihre Freiheit und Nationalität verteidigen konnten. Nun rüstet sich das sächsische Volk zu einer würdigen Gedenkfeier an die Geburt des Vorkämpfers für das Deutschtum, die Reformation und die humanistische Bildung in Siebenbürgen. Ein ehernes Standbild des Reformators soll errichtet werden – und es wird überhaupt das erste deutsche Denkmal in Siebenbürgen sein. Da ist es wohl zu wünschen, daß es mit reichlichen Mitteln ausgeführt und auch von den Deutschen im Reiche gefördert werde! Beiträge übernimmt Herr Friedrich Ridely in Kronstadt. *     

Der Sarg des Alten Dessauers in der Schloßkirche zu Dessau.

Wettersteiner Dirndl. (Zu dem Bilde S. 165.) Wer zur Sommerszeit oder gar in einem der „Passionsjahre“ das lange Thal des Wettersteingebirges nach Oberammergau oder Mittenwald zu durchzogen hat, der kennt auch die frischen Dirndeln im spitzigen grünen „Hüatl“, die dort bei Heu- und Stallarbeit ein gesundes Leben führen. Eine davon, und wohl die allerhübscheste, guckt hier lustig aus dem F. Prölßschen Bilde heraus, als wolle sie sagen: „Grüß Gott! Und vergeßt’s fein das Wiederkommen net im nächsten Sommer!“ Bn.     

Am Sonntag. (Zu dem Bilde S. 173.) Wer nicht ganz genau hinsieht, könnte denken, es schmücke sich auf diesem hübschen Bildchen eine Schöne des jüngstvergangenen Sommers zum Sonntagsausflug. So modern fällt das weiße Faltenkleid mit den Bauschärmeln um die schlanke Gestalt; auch das der sitzenden und wartenden Freundin könnte einer neuen Modezeitung entstammen, nicht minder der seidene „Pompadour“, der an ihrem lang behandschuhten Arm über die Stuhllehne baumelt. Und erst dieser Stuhl selbst, das zierliche Tischchen, der Spiegel, die bauchige Aufsatzkommode: alles entspricht dem neuesten Geschmack „Empire“ so vollkommen, daß mancher Leser dadurch getäuscht werden dürfte! Die Leserinnen freilich nicht: sie sehen auf den ersten Blick die Kreuzbänderschuhe von Anno 1825, die Hutformen, welche zwar nicht weniger abenteuerlich sind als die heutigen, aber immerhin anders, die große „Kontuschenhaube“, die man heute keiner Zofe mehr zumuten dürfte, und sie wissen sofort, daß es sich hier um Urgroßmutterzeit handelt. Aber sicher sehen sie mit Freude deren anmutig lebhafte Darstellung, sei es auch nur, um sich zu überzeugen, wie recht man hatte, die alten Moden wieder hervorzusuchen, welche den jungen Schönen von damals so allerliebst zu Gesicht standen! Bn.     

Ein Flußübergang in Südafrika. (Zu dem Bilde S. 177.) Einen Teil des großen Matabele-Reiches zwischen Sambesi und Limpopo bildet Maschonaland, ein fruchtbares und gesundes Hochland, das vermöge der Ergiebigkeit seines Bodens eine starke Bevölkerung ernähren könnte, insbesondere auch reich an Gold ist. Aber unter der Matabele kriegerischem Scepter ist nicht gut wohnen, Landwirtschaft treiben oder Gold graben! Denn die Männer dieses Zulukaffernstammes, der vor 70 Jahren aus Natal auswanderte und sich ein neues Reich fern von aller Gesittung eroberte, sind gar rauhe Gesellen, die fast ausschließlich vom Raube leben. Selbstverständlich fehlt es unter diesen Umständen dort auch an allen und jeden Spuren einer höheren Kultur. Unser Bild veranschaulicht uns, in welch primitiver Weise die Ueberschreitung eines Flusses vor sich geht. Eine Furt muß erkundet werden, und dann geht’s einfach hindurch, Menschen und Tiere und Wagen, die ganze Karawane! Und die Menschen müssen den Tieren noch helfen, ihre schwere Last durch den schlüpfrigen und an allerlei verborgenen Hindernissen reichen Flußgrund hindurchzuziehen, sonst könnte es geschehen, daß mit einem Male Wagen und Gespann den Boden verlören und fortgespült würden von den Fluten – auf Nimmerwiedersehen.

Der Sarg des Alten Dessauers. (Mit Abbildung.) Unter den preußischen Heerführern ragt die Gestalt des „Alten Dessauers“ als eine der gewaltigsten hervor. Aber nicht allein die erfochtenen Siege haben dem Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle Preußens gesichert, sondern nicht minder seine Verdienste um die Organisation des preußischen Heeres. Ihm hatte ja Friedrich der Große vorzüglich zu danken, daß er bei seinem Regierungsantritt ein Heer vorfand, das in Europa nicht seinesgleichen hatte. Sicher ging der „Alte Dessauer“ in der Strenge, mit welcher er die militärische Disziplin handhabte, vielfach zu weit, aber er war sein ganzes Leben hindurch mit Leib und Seele Soldat und seine „langen Kerls“ sollten ihn auch im Tode nicht verlassen. Sein Sarg in der Schloßkirche zu Dessau ist darum von zwölf Gestalten umringt, welche preußische Grenadiere in ihrer alten Uniform mit den hohen Gardemützen darstellen. Gleichsam Wache haltend, steht je eine dieser Zinnfiguren am Haupt- und Fußende des gleichfalls zinnernen Sarges, während je fünf an den Seiten desselben lehnen. Außerdem ist noch der Sarg mit dem anhaltischen Wappen und kriegerischen Emblemen aller Art geschmückt.


Inhalt: Fata Morgana. Roman von E. Werner (10. Forschung). S. 165. – Ein Wettersteiner Dirndl. Bild. S. 165. – Deutsche Bühnenschriftsteller der Gegenwart. Von Rudolf Hermann. S. 168. Mit Bildnissen S. 169. – Mein Roman. Novelle von Eva Treu (Schluß). S. 172. – Am Sonntag. Bild. S. 173. – Ein Flußübergang in Südafrika. Bild. S. 177. – Feuerkugeln und Meteorsteine. Von Dr. H. J. Klein. S. 178. – Blätter und Blüten: Ein Denkmal für Johannes Honterus. S. 180. – Wettersteiner Dirndl. S. 180. (Zu dem Bilde S. 165.) – Am Sonntag. S. 180 (Zu dem Bilde S. 173.) – Ein Flußübergang in Südafrika. S. 180. (Zu dem Bilde S. 177.) – Der Sarg des Alten Dessauers. Mit Abbildung. S. 180.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0180.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2023)