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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

um die gleichzeitige Herstellung verschiedener Bilder handelt, beliebig verschiedene Aufnahmen enthalten. Es ist nur notwendig, daß alle gleichzeitig kopierten Platten annähernd von derselben „Härte“ oder Durchsichtigkeit sind, damit sie beim Kopieren eine ziemlich gleichdauernde Belichtung vertragen. Ueber diesem Negativrahmen befindet sich eine Kappe, die im Innern 4 starke elektrische Glühlampen enthält, unter ihm mit geringem Abstand eine glatte bewegliche Druckplatte.

Der photographische Druck erfolgt nun auf einer endlosen Bahn lichtempfindlichen Bromgelatinepapiers die sich von einem Rollgestell abwickelt und über die Druckplatte hinweggezogen wird. Der ganze Raum ist, um schädliche Vor- und Nebenbelichtungen zu verhüten, nur durch rote Lampen erhellt, und die Strahlen der erwähnten elektrischen Glühlampen werden von der Kappe gehindert, sich durch den Druckersaal zu zerstreuen. Sobald das lichtempfindliche Papier über der Druckplatte liegt, wird seine Bewegung automatisch unterbrochen, und statt dessen preßt die Druckplatte es etwa 2 Sekunden lang von unten fest gegen den Negativrahmen. In demselben Augenblick flammen in der Kappe die elektrischen Lampen auf und kodieren sämtliche Negative mit gleicher Schärfe. Dann verlöschen sie; das von der Druckplatte freigegebene Brompapier wird um eine Bildbreite weitergeführt und steht abermals still, um von neuem gegen die Platten gepreßt und belichtet zu werden. Der Prozeß wiederholt sich in jeder Minute dreißigmal und vermag je nach der Bildgröße 5000 bis 18000 Positive in der Stunde herzustellen, die nur noch der Entwicklung, Fixierung und Trocknung bedürfen, um gebrauchsfertig zu sein.

Diese Weiterbehandlung geschieht ebenso wie die Belichtung fabrikmäßig in ganzen Rollen, von denen eine jede mehrere tausend Bilder enthält. Dieselben werden in den von gedämmtem Lichte erfüllten Entwicklungssaal gedruckt, in welchem ein langer wasserdichter Trog, etwa 1 Meter hoch und reichlich von der Breite des Rollenpapiers hintereinander eine Menge von Abteilungen enthält, die alle mit verschiedenen Lösungen gefüllt sind. Das von seiner Rolle langsam ablaufende Papier wird nun mit gleichbleibender Geschwindigkeit, die etwa 10 Fuß in der Minute beträgt, mittels Leitungsrollen in vielen Windungen durch alle diese Flüssigkeiten hindurchgeführt. Die erste Abteilung des Troges enthält eine bestimmte Menge eines schon ziemlich abgebrauchten Eisenoxalat-Entwicklers und die zweite eine eben solche Menge von frischem Entwickler. Um das bei der Entwicklung frei werdende Eisen, das dem Papier anhaftet, wieder zu entfernen, durchläuft die Rolle in der dritten Abteilung eine verdünnte Essiglösung, welche diese Eisenspuren begierig aufnimmt. Dann wird sie ununterbrochen weiterlaufend im vierten Troge gründlich mit reinem Wasser gewaschen. Die fünfte Abteilung imprägniert die Bilder mit unterschwefligsaurem Natron und dann gelangt die Rolle nach einer abermaligen Waschung in einen Trog mit Alaunwasser welches dem Papier die nötige Härte giebt. Zwei oder drei Gefäße mit reinem Wasser sorgen für die Reinigung des Papiers und im letzten leeren Troge werden die Bilder endlich der kräftigen Wirkung mehrerer Zerstäuber ausgesetzt welche die letzten Säurereste abwaschen.

Hat so die Rolle den ganzen 10 Meter langen Trog in 40 bis 50 Windungen durchmessen, so wird der Bogen, immer noch in einem Stück über ein endloses Tuch in eine Kammer geführt, welche durch einen Gasofen beständig auf sehr hoher Temperatur gehalten wird. Hier werden die Bilder sehr schnell getrocknet, noch einmal kurze Zeit aufgerollt und sind dann zum Zerschneiden, Aufkleben oder zum sonstigen Gebrauch fertig. Ein solcher Apparat vermag täglich 100 000 bis 150 000 Bilder wohlfeil genug herzustellen, um mit den älteren Illustrationsdruckverfahren in Wettbewerb treten zu können. Bw.     

Weihnachten an Bord.
Nach einer Originalzeichnung von Willy Stöwer.

Weihnachten an Bord. (Mit Abbildung.) „Weihnachtszeit, goldene Zeit!“ Wer das ganze Jahr kein Heimweh bekommen hat in der Fremde, am Weihnachtsabend darf er es haben. Weihnachten ist ein Heimatfest wie kein anderes. Da kommen all die friedlichen und freundlichen Gedanken wieder, die lange Zeit geschwiegen haben mögen: wie's im Elternhaus so traulich und heimlich war um die Zeit der Wintersonnenwende, wenn die Mutter hierhin zog und dorthin mit ihren verborgenen Herrlichkeiten wenn der Kuchenduft durchs Haus wehte und kräftiger Tannenduft aus der besten Stube drang; bis dann am Heiligabend im hellen Lichterglanz jedes Geheimnis offenbar wurde. Ja, der Weihnachtsbaum! Wie alt oder wie neu seine Sitte sein mag: urdeutsch ist sie und urdeutsch bleibt sie. „Ohne Tannenbaum kein Weihnachten“. Aus den Fenstern des Arbeiters bricht der helle Glanz und im Prunksaal des Reichen flimmern die Kerzen aus grünem duftigen Gezweig und unter ihnen klingt es innig und fromm und fröhlich. „Vom Himmel hoch, da komm ich her!“- Auch der deutsche Seemann, der treu, aufopfernd und anspruchslos auf weitem Meer sein schweres Tagewerk thut, auch er will der Weihnachtsfreude nicht ganz entbehren. Wenn es irgend möglich, sucht jedes Schiff seinen „Weihnachtshafen“ auf, um in Ruhe und Frieden feiern zu können. Und schöne, oft unvergeßliche Tage sind es für jeden, der sie mitfeiern durfte, die Weihnachtstage an Bord, und aus gutem Herzen geschieht, was geschehen kann, um allen die Heimat zu ersetzen. Vom Kommandanten und Admiral bis zum jüngsten Schiffsjungen. Vor allem darf er nicht fehlen, der Weihnachtsbaum! Ob ihn, wie einst auf der „Hansa“, dem Schiff der deutschen Polarforscher in Nacht und Eis auf treibender Scholle, ein Besenstiel ersetzt, in dessen Löcher dürftige Reiser gesteckt sind, ob ein mit Mühe aufgetriebenes Kiefernbäumchen mit struppigen Aesten auf dem Laplata oder ob gar nur ein junger Mangobaum in den Tropen an seine Stelle tritt: sie alle tragen bescheiden und stolz zugleich ihren leuchtenden Lichterschmuck und um sie geschart stehen in der Batterie und im Zwischendeck die Mannschaften und freuen sich kindlich der Kleinigkeiten, welche die treue Fürsorge der Offiziere, kameradschaftlicher Sinn und Liebe aus der Heimat ihnen beschert, und in der Offiziersmesse ist’s an dem Abend wie in einem traulichen Familienzimmer: auch hier hat kameradschaftliche Treue den Baum geschmückt und den Tisch bereitet. Das haben die deutschen Schiffe für sich allein; und allein vor allen Nationen auch den schönen, sinnigen Schmuck des Weihnachtsbäumchens in den Toppen, wenn er nur irgendwie aufzutreiben ist. Zweimal im Jahr werden sie geschmückt mit seltener Zier: einmal am Pfingstmorgen mit duftigen Maien und am Weihnachtsabend mit grünem Tannenreis. Und wenn sie doch von oben herwinken über See und Land und unter ihnen gar der mächtige Heimatswimpel weit flatternd ausweht zum Zeichen, daß das Schiff heimwärts zieht, dann mag ein fröhlicher Zuruf von Deck der Lohn des Toppsgasten sein, der mit kundiger Hand ihn in der luftigen Höhe festgezurrt. Am ersten Weihnachtsmorgen aber wird die Schiffsgemeinde zusammentreten, um den kleinen Altar an Deck, und es wird hinklingen über die Wasser: „Vom Himmel hoch, da komm ich her!“ – ein Kinderlied auf die Weihnachten, gesungen von Männern und wie der Heimatswimpel ausweht und die Flagge rauscht, heißt’s am Abend wie am Morgen: „Allhie gut Deutschland allerwege!“ Euch allen, die draußen feiern auf „blauem Wasser“, der Heimat fern: „Fröhliche Weihnacht!“ P. G. Heims.     


manicula      Hierzu Kunstbeilage XXVI: „Der große Augenblick.“ Von J. R. Wehle.

[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht transkribiert.]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 840. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_840.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2023)