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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

aufsteigenden Olivenwäldern, die vielgerühmte Palmenstadt Bordighera. Es bedarf keiner großen Anstrengung der Phantasie, um sich hier sofort nach Syrien, Aegypten, Palästina zu versetzen, denn die Palmenfülle und Rosenpracht, die das Auge entzücken, sind ganz orientalisch. Ueber all diese Herrlichkeit aber geht das Meer, das blaue segeldurchwanderte Meer! Ein Blick auf diese schimmernde Bläue, ein Blick vom Kap aus über das leuchtende Land erfüllt unsere Seele mit Entzücken. An diesem Strande erhebt sich in der Nähe einer alten Klosterruine eine kleine Kapelle, an die sich einige Ueberlieferungen der Sage und Geschichte knüpfen.

Karl v. Holtei.
Nach einem Bilde aus dem Jahre 1860.

Vor grauen Jahren kam ein frommer Einsiedler aus der thebaischen Wüste herübergewandert ins Abendland, getrieben vom Geiste, irgend einer seßhaften Bevölkerung das Christentum zu bringen. Das wilde Volk der Ligurer schien dessen sehr bedürftig, das Land heimelte ihn an, so blieb er am Strande des Meeres sitzen, richtete sich eine Kalksteinhöhle an einem in die Flut springenden Felsen zur Zelle ein, führte in dieser Zelle siebzehn Jahre lang ein asketisches Dasein und lehrte und taufte vieles Volk, bis er 428 starb. Seine irdischen Reste blieben und bleichten in der Höhle und erfuhren hohe Verehrung von seiten der umwohnenden Fischer, Hirten und Winzer, die höchste aber im Jahre 1248, da sie in schönem Schrein gesammelt feierlich nach Genua abgeführt und in der Kirche S. Stefano beigesetzt wurden.

Ueber seiner Grotte hatte sich schon lange vor dieser Zeit ein Kloster erhoben, das aber die Sarazenen im Jahre 900 zerstörten. Der Einsiedler batte Ampelius geheißen. Nach ihm erhielt das ganze Kap den Namen Kap S. Ampeglio. W. Kaden.     

Das „Alt-Bremer Haus“ in Bremen. (Mit Abbildungen.) Unsere Großstädte sind in stetem Wachstum begriffen; immer mehr passen sie sich den Bedürfnissen der Neuzeit an, und immer mehr muß das Alte dem Neuen weichen.

Das „Alt-Bremer Haus“
in Bremen.

Ein erfreuliches Zeichen ist es aber, daß man vielerorts bei dieser Umwandlung Denkmäler alter Baukunst pietätvoll zu erhalten sucht. Die alte Hansestadt Bremen ist besonders reich an solchen altertümlichen Häusern, und neuerdings wurde in ihren Mauern das sogenannte „Alt-Bremer Haus“ an der Langenstraße 13 in gelungener Weise wieder hergestellt. Dasselbe, im Volksmunde auch „Essighaus“ genannt, stammt aus dem Jahre 1618, aus der Blütezeit Bremens vor dem Dreißigjährigen Kriege.

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Der große Saal im „Alt-Bremer Haus“.

Es wurde nach den Plänen des berühmten Baumeisters Lüder von Bentheim errichtet, dem Bremen die Stadtwage und das Kornhaus am Fangturm verdankt und der am Anfang des 17. Jahrhunderts auch das berühmte, aus dem 15. Jahrhundert stammende Rathaus in kunstverständiger Weise umgebaut hat. Ursprünglich soll es einen Besitz der Familie Esich gebildet haben, später wurde in ihm eine Essigfabrik eingerichtet. Das alte Haus besitzt eine architektonisch reich verzierte Front mit vorspringenden Söllerfenstern, die zum Teil in Barock-, zum Teil in Renaissancestil gehalten ist. Diese Front hat einen so hohen künstlerischen und altertümlichen Wert, daß das Kensington-Museum in London sie zu erwerben trachtete. Als dies bekannt wurde, kaufte Architekt Alb. D. Dunkel das Haus und erneuerte es unter sorgfältiger Benutzung aller vorhandenen Reste. Zu diesem Zwecke wurde ihm eine Beihilfe von 20000 Mark aus der Rolandstiftung bewilligt, welche den Zweck hat, interessante Bauwerke in Bremen zu erhalten. Die Wiederherstellung ist in trefflicher Weise gelungen. Der Besucher schaut wieder die Pracht eines altbremischen Patrizierhauses. Da sind der „Kantor“, die Lagerdiele mit Wohnstube, die Schlafzimmer, die Küche, der Rokokosaal wieder so eingerichtet, wie es in alter Zeit üblich war. Alte Tapeten, blaubemalte Fliesen und alte Gemälde schmücken die Wände, überall stehen altmodische Kachelöfen, und schöne Holzschnitzereien erfreuen an Galerien, Portalen etc. das Auge. Auf der Dielenwand sind Verse von Arthur Fitger zu lesen, in welchen die Geschichte des Hauses dargestellt wird. Unsere Abbildungen zeigen die Front des „Alt-Bremer Hauses“ und den „großen Saal“. Das schöne Bauwerk ist in den Besitz einer Weingroßhandlung übergegangen und dient nunmehr fröhlichen Zechern zum gemütlichen Aufenthalt.

Der Empfangstag. (Zu dem Bilde S. 40 und 41.) Eine Form der Geselligkeit, die sich neuerdings auch in unseren Großstädten schnell eingebürgert hat, ist der „bestimmte Tag“. Die Hausfrau bezeichnet den Bekannten und Freunden des Hauses einen Tag in der Woche, dessen Nachmittagsstunden sie regelmäßig zum Empfang freundschaftlichen Besuches offen hält. Es entwickelt sich daraus ein Verkehr von anspruchsloserem und zwangloserem Charakter, als ihn die eigentlichen Gesellschaften zulassen; die näheren Bekannten gruppieren sich nach eigner Wahl, wie es uns der Künstler hier im Bilde zeigt. Eine zahlreiche Gesellschaft, alt und jung, füllt den großen Salon; im Hintergrund haben sich die Musikalischen zu Gesang und Spiel des Flügels bemächtigt, im Vordergrund plaudern und lachen die anderen dabei unbekümmert weiter; sie sind eben bei den höchst interessanten Erinnerungen vom letzten Balle, und die Mädchen haben genug zu thun, um sich vereint gegen die Anzüglichkeiten des stets zu Späßen aufgelegten Lieutenants zu wehren. Weiterhin wird von poetischen Seelen ein litterarisches Gespräch gepflegt, auf dem Sofa aber und am Kamin flüstern die älteren Herrschaften leise und angelegentlich von Familien- und Gesundheitsverhältnissen. So kommt jeder zu seinem Rechte und alle haben sich zum Schlusse gut unterhalten.

Holländische Gasbrunnen. Eine neue Art der Beleuchtung hat sich seit kurzem auf vielen Bauernhöfen des nördlichen Hollands eingebürgert. Betritt man ein solches Bauernhaus, sei es in einem Dorfe, sei es weit entlegen von der nächsten menschlichen Wohnung, so ist man erstaunt, in dieser ländlichen Einsamkeit, wo man im Umkreis vieler Meilen mit Sicherheit auf die Abwesenheit jeder Gasanstalt schwören könnte, den Vorteil der Beleuchtung mit Gasglühlicht zu finden. Eine kleine Gaskrone von zwei bis drei Lampen im Wohnzimmer, eine Glühlampe in der Küche, auf der Diele, eine Gaslaterne vor dem Hause, ja eine Glühlampe im Kuhstall gehören in Nordholland auf den einsamsten Bauernhöfen keineswegs zur Seltenheit. Fragt man den Besitzer nach der Quelle dieses in solcher Umgebung höchst überraschenden

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0067.jpg&oldid=- (Version vom 29.4.2024)