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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

im Gegensatz zu dem Träger der preußischen Krone angestrebt hatte. Und von dem „Heidelberger“ Verfassungsentwurf rühmt Gustav Freytag in seiner Biographie Karl Mathys mit Recht, er habe „den Weg vorgezeichnet, auf welchem die deutschen Angelegenheiten seitdem vorwärts getrieben wurden, bis jene Forderungen in der Hauptsache durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes für 30 Millionen Deutsche zum Grundgesetz des neuen Staates erhoben wurden“. Auf ihr fußte dann die Verfassung des Deutschen Reichs, das die deutschen Völker mit ihren Fürsten im gemeinsamen Sieg über Frankreich glorreich erstritten. „Die politischen Gedanken,“ sagt Freytag vom Inhalt jenes ersten Entwurfs einer deutschen Verfassung, „wird niemand das Werk eines einzelnen zu nennen wagen, denn sie wuchsen zu gleicher Zeit in Tausenden herauf; aber unvergänglich soll das Andenken der Führer bleiben, welche sie zuerst auf den Weg der praktischen Ausführung gebracht und aus dem Reich unbestimmter Ideale in die Wirklichkeit eingeführt haben.“ Und fürwahr, auch all die anderen tapferen Männer, die im März 1848 den alten Polizeistaat in Trümmer legen und dem Rechtsstaat die Grundlagen sichern halfen, verdienen ein dankbares Erinnern. Der Segen der„Märzerrungenschaften“ blieb trotz der ihnen bald genug folgenden traurigen Reaktion dem deutschen Volk unverloren!


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Blätter und Blüten.



Das Denkmal des Prinzen Friedrich Karl in Metz. (Mit Abbildung.) Untrennbar ist mit der neueren Geschichte der Stadt Metz der Name des am 15. Juni 1885 verstorbenen Prinzen Friedrich Karl verbunden, des kühnen Bezwingers der jungfräulichen Festung und des Neubegründers der deutschen Moselwacht. Unter allen Schlachten, die der Prinz geschlagen hat, stellte er die von Vionville selbst in die erste Linie. Hier ward der Schlüssel zur Festung Metz, der auch die Thore von Sedan öffnete, gewonnen. Mit Recht durften es deshalb deutsche Männer unternehmen, dem Prinzen Friedrich Karl innerhalb der Mauern von Metz ein Denkmal zu errichten. Freien Muts bewilligte hierzu der deutsche Bürgermeister von Metz, allen Gegenströmungen trotzend, einen der schönsten Aufstellungsplätze. So konnte der Denkmalsausschuß, dessen Seele der aus der Schule des großen Feldherrn hervorgegangene Kommandeur des XVI. Armeekorps, General der Kavallerie Graf v. Häseler war, am 20. März d. J., dem 70. Geburtstage des Prinzen, sein Werk durch die feierliche Enthüllung des in unserer Abbildung wiedergegebenen formvollendeten Denkmals krönen. Dieselbe vollzog in Vertretung des Kaisers der Sohn des im Denkmal Verherrlichten, Prinz Leopold von Preußen.

Datei:Die Gartenlaube (1898) b 259.jpg

Das Denkmal des Prinzen Friedrich Karl in Metz.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph Eugen Jacobi in Metz.

Auf granitnem Unterbau und einem Sockel aus schwedischem Syenit erhebt sich das Standbild des Feldherrn in sprechender Aehnlichkeit. Am Sockel lesen wir die einfache Inschrift „Friedrich Karl“, auf den Schleifen eines am Fuße des Denkmals befestigten bronzenen Lorbeerkranzes die Namen Düppel, Königgrätz und Vionville, welche an die glorreichen Waffenthaten des verewigten Prinzen erinnern. Im Kranze ruht der Marschallstab. Das Denkmal schaut hinaus über das Moselthal nach der Feste „Friedrich Karl“ und weiter gen Westen nach den Schlachtfeldern, auf denen die Tapferen ruhen, die für das Vaterland gefallen sind.

Das Bronzestandbild ist eine Musterschöpfung des Münchener Professors v. Miller, aus dessen Erzgießerei auch das Metzer Reiterstandbild Kaiser Wilhelms hervorgegangen ist. Seitwärts von diesem auf der herrlichen Esplanade von Metz, dort, wo der ehedem als Gouvernementsgebäude errichtete Justizpalast einen trefflichen Hintergrund bildet, fand auch das Prinz Friedrich Karl-Denkmal seinen bevorzugten Standpunkt.G. F.     

Was alles auf einen Quadratzoll geht. Schon in vergangenen Jahrhunderten hat es Kleinkünstler gegeben, deren Streben danach ging, auf eine möglichst kleine Fläche möglichst viel zu schreiben oder zu zeichnen. So befindet sich im Grünen Gewölbe zu Dresden ein Kirschkern, auf dessen Oberfläche mehr als hundert Zeichnungen, meist Männerköpfe, so gut eingeritzt sind, daß man sie mit Hilfe eines Vergrößerungsglases ausgezeichnet zu erkennen vermag. Verfertiger dieses Stückes, das August dem Starken überreicht wurde, war ein einfacher Drechslerlehrling.

Nach Erfindung der Postkarte war namentlich diese Gegenstand der Bestrebungen von Schreibkünstlern. So hat einer derselben auf eine einzige Postkarte Schillers „Lied von der Glocke“ und „Taucher“ geschrieben, ein anderer hat diese Leistung durch Hinzufügung des „Handschuhs“ noch übertroffen. Wie unendlich weit bleiben aber alle diese Leistungen der menschlichen Handarbeit gegen die der Feinmechanik zurück. Vor kurzem berichtete Prof. Hörmann von der Technischen Hochschule in Berlin, daß in England eine Schreibmaschine konstruiert worden sei, mit der man imstande ist, auf eine Glasplatte von der Größe eines englischen Quadratzolles die ganze englische Bibel nicht nur einmal, sondern 22 mal so niederzuschreiben, daß die Schrift mit Hilfe eines guten Mikroskops leicht lesbar ist. Die Sache klingt unglaublich, namentlich wenn man bedenkt, daß die ganze englische Bibel etwa 31/2 Millionen Buchstaben enthält, aber dennoch verhält sie sich so, wie folgende genaue Ueberlegung und Rechnung zeigt. Schon vor Jahren war es mit Hilfe der Präcisionsmechanik möglich, die Länge eines Millimeters in tausend Teile zu teilen. Mit solchen, auf Glas eingeritzten Maßstäben mißt man unter dem Mikroskop u. a. die Größe der Bakterien, deren Länge und Breite häufig ja noch weniger als 1/1000 mm beträgt. Heute vermag man ihn sogar in 2000 Teile und darüber einzuteilen. Bleiben wir jedoch bei der Tausend-Teilung stehen! Mit derselben ist man imstande, ein Quadrat, dessen Seiten je 1 mm lang sind, in 1000 mal 1000, d. h. 1 Million kleine Quadrate zu zerlegen. Ein englischer Zoll ist nun etwa 25 mm lang, ein Quadratzoll also 25 X 25 = 625 Quadratmillimeter groß. Diese 625 Quadratmillimeter, nach der Tausend-Teilung geteilt, enthalten also die Summe von 625 Millionen kleiner Quadrate. Greift man nun schon ziemlich hoch und nimmt sogar an, daß ein einziger Buchstabe den Raum von 8 solchen kleinen Quadraten beansprucht, also gewiß nicht zu wenig, so kommen auf 1 Quadratmillimeter nicht weniger als 125 000 Buchstaben, und auf einen Quadratzoll 625 mal 125000 = 78125000 Buchstaben. Da nun die englische Bibel, wie schon bemerkt, aus 31/2 Millionen Buchstaben besteht, so würde man sie thatsächlich sogar etwas über 22 mal auf die Fläche eines Quadratzolls zu schreiben imstande sein, denn 31/2 mal 22 ist erst 77; es bleiben also von den 625 Quadratmillimetern sogar noch 9 unbeschrieben. Dr. –dt.     

Mutterliebe. (Zu dem Bilde S. 237.) Der rohe Kampf ums Dasein, der in der Tierwelt unaufhörlich wütet, zeitigt auch Thaten selbstloser Aufopferung, die das menschliche Herz tief zu rühren vermögen. Die Eltern- und vor allem die Mutterliebe ist es, welche viele

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0259.jpg&oldid=- (Version vom 23.4.2024)