Seite:Die Gartenlaube (1898) 0288.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

junges Mitglied, Agriol Paur, das Amt des Dirigenten, das er zweiunddreißig Jahre verwaltete. Ihm verdankt der Verein seinen Aufschwung und seinen Ruf auf musikalischem Gebiet. Noch im Jahre 1851 betrug der Kassenbestand zur Generalversammlung ganze 71 Cent, 1860 wurde, während der Herausgeber der „New Yorker Staatszeitung“, Oswald Ottendorfer, Präsident war, der Verein mit 547 Mitgliedern inkorporiert, 1869 betrug die Mitgliederzahl 1012, 1882 wurde mit 1378 Mitgliedern der eigene Sängerpalast in der 58. Straße eingeweiht. Im Januar vorigen Jahres hat dieser Verein sein 50jähriges Jubiläum gefeiert. Das Klubhaus des „Liederkranzes“ ist prächtig eingerichtet, der große Saal mit Scenen aus bekannten Opern und sonstigen auf die Musik bezüglichen Wandgemälden geschmückt.

In der Nähe, an der 59. Straße und Park Avenue, hat der mehrfach genannte „Arion“ seinen Palast erbaut, von dem man sich einen Begriff machen kann, wenn man erfährt, daß Bau und Einrichtung 1 940 000 Mark kosteten. „Liederkranz“ und „Arion“ dürfen als die angesehensten deutschen Vereine New Yorks und wohl Amerikas überhaupt bezeichnet werden. Der „Arion“, 1854 gegründet, ist auch in Deutschland bekannt, wohin er 1892 eine Sängerreise unternahm, die ihm reiche Lorbeeren eintrug und dem alten Mutterland zeigte, wie man im neuen Adoptivvaterland das deutsche Lied hegt und pflegt.

Außer deutschen Kegelvereinen haben bisher nur noch die deutschen „Independent-Schützen“ New Yorks Reisen nach Deutschland unternommen. Der „Liederkranz“ dürfte die nächste Sängerfahrt unternehmen, die ursprünglich schon für letztes Jahr geplant war. Auch der „Kriegerbund“ rüstet sich zu einer Deutschlandreise.

Die Zahl der sämtlichen deutschen Vereine in Groß-New York dürfte 300 bis 400 betragen! Da sich, wie erwähnt, auch die früheren Soldaten zu Vereinen verbunden haben, so giebt es hier außer dem oben erwähnten „Kriegerbund“ einen „Veteranenverein“ und einen „Landwehrverein“. Dem „Veteranenverein“ gehört Fürst Bismarck als Ehrenmitglied an, und an jedem 1. April begeht der Verein seines vornehmsten Mitgliedes Geburtstag mit einem flotten Kommers. Der „Kriegerbund“, welcher etwa 1000 Mann zählt und dessen Präsident Richard Müller ist, hatte zur Centenarfeier Kaiser Wilhelms I im vorigen Jahre einen großen Kommers veranstaltet, wobei durch lebende Bilder Scenen aus des Heldenkaisers Leben aufgeführt wurden und ein früherer Offizier, der jetzt die Waffe mit der Feder des Journalisten vertauscht hat, G. v. Skal, die Festrede hielt. Dieser Verein, der die Pflege deutscher Kriegerkameradschaft in Amerika zu seiner Aufgabe gemacht hat, verfolgt auch menschenfreundliche Zwecke, indem er seinen Mitgliedern in Zeiten der Not Unterstützung bietet. So zahlte er im Berichtsjahre 1896/97 an Krankengeld 20 500 Mark aus und die Sterbegelder für 15 zur großen Armee abberufene Kameraden und 6 Frauen bezifferten sich auf rund 24 000 Mark. In jüngster Zeit wurde von den Kriegskameraden der Gedanke angeregt, ein Altenheim zu gründen, das sicher eine mächtige Stütze des deutschen Kriegervereinswesens in Amerika bilden würde.

Unser Artikel würde nicht vollständig sein, wenn wir nicht eines der deutschen Lokale von New York gedächten, in welchem auch der vorgenannte Kommers abgehalten ward, des neben Lüchows Restaurant besuchtesten Stelldicheins der Deutschen, des „Terrace-Garden“. Der Besitzer dieses großartigen Lokals ist einer der beliebtesten deutschen Wirte New Yorks, sein Lokal mit altdeutschen Bier- und Weinstuben ist echt deutsch, hier spielt im Sommer die deutsche Operettengesellschaft, deutsche Gartenkonzerte finden statt, und man trifft hier fast ausschließlich Deutsche.

Zum Schluß erheischt es – obwohl der Verfasser damit das Gebiet seiner eigenen Vereinsinteressen betritt – die Gerechtigkeit, noch eines deutschen Klubs zu gedenken, der zwar weder sehr groß, noch sehr wohlhabend ist, aber in einem Artikel über deutsche Vereine schon deshalb nicht übergängen werden darf, weil es von Berufs wegen die Pflicht seiner Mitglieder ist, für Aufrechthaltung des Deutschtums zu wirken. Dies ist der Deutsche Preßklub zu New York. Obwohl seine ordentlichen Mitglieder nur Journalisten oder Schriftsteller sein dürfen, die mindestens ein Jahr in den Vereinigten Staaten als solche thätig gewesen sind, zählt er bereits über 300 solcher Mitglieder – gewiß eine stattliche Zahl für einen deutschen Journalistenverein im Ausland. Er hat in der Nähe des Zeitungsviertels sein eigenes Haus, das nicht bloß bequem und gemütlich, sondern für europäische Begriffe sogar elegant eingerichtet ist, denn es ist mit Dampfheizung, elektrischer Beleuchtung etc. versehen und wird von einem eigenen Oekonomen verwaltet. Naturgemäß tritt der Deutsche Preßklub verhältnismäßig wenig an die Oeffentlichkeit, thut er es aber, dann erfreuen sich seine Veranstaltungen einer solchen Beliebtheit, daß der von Künstlerhand al fresco bemalte Saal nicht mehr ausreicht und für die größeren Festlichkeiten größere Lokale gemietet werden müssen.

Man könnte über das Vereinsleben der Deutschen New Yorks ein ganzes Buch, über das in den Vereinigten Staaten mit den vielen deutschen Vereinen in Philadelphia, Milwaukee, St. Louis, Chicago, Sän Francisko etc. Bände schreiben. Aber schon aus dieser Skizze wird der Deutsche im alten Vaterland ersehen, daß es in der Neuen Welt noch recht zahlreiche, wenn auch sonst zu Amerikanern gewordene Deutsche giebt, welche dazu beitragen, der Mutter Germania jährlich Hunderte von Adoptivsöhnen auf fremder Erde zu erhalten. Mögen uns auch in der Zukunft Männer beschieden sein, die nach jahrzehntelangem Verweilen im Auslande, oft unter schwierigen Umständen, das Motto eines unserer ersten Vereine aufrecht halten:

„Ein starker Hort
Dem deutschen Lied,
Dem deutschen Wort!“

0


Blätter und Blüten.



Frühling. (Zu dem Bilde S. 261.) Frühlingspoesie weht uns aus diesem Bildchen entgegen. Ein stiller Abend senkt sich über die neubegrünte Erde nieder, in seinem Frieden ruht Wald und Heide, auf der Seefläche schiffen die weißen Schwäne und durch den letzten Abendschein wandelt, den Blütenzweig hoch erhoben, eine nymphengleiche Jungfraugestalt. Ist es eine Bewohnerin des seligen Zeitalters, die ohne irdische Sorgen über blühendes Gefilde dahinzieht, oder die Frühlingsgöttin selbst, deren leichte Tritte auf dem Rasen Blumen als Spur zurücklassen? … Ein Dichter wüßte es vielleicht zu deuten, was hier als blütenduftiger Frühlingstraum vor unseren Augen steht!

Der kaspische Panther im Berliner Zoologischen Garten. (Zu dem Bilde S. 290.) Die Leser der „Gartenlaube“ erinnern sich vielleicht noch eines Bildes im Jahrgang 1897 (S. 449), auf welchem vier Abarten des Tigers dargestellt waren, die im Berliner Zoologischen Garten leben. Der Vergleich derselben hat ergeben, daß genau so wie der Mensch in den verschiedenen Erdteilen besondere durch ganz bestimmte Merkmale ausgezeichnete Rassen bildet, auch der Tiger in den einzelnen Ländern seines Verbreitungsbezirkes gewisse typische Abänderungen zeigt. Soweit ein großer Strom mit seinen Nebenflüssen ein Land beherrscht, gehören alle Tiger zu einer und derselben Art; sowie man aber die Wasserscheide zwischen zwei großen Flußgebieten überschreitet, findet man, daß eine andere Abart des Tigers auftritt. Aehnliche Verhältnisse zeigen sich bei vielen anderen Tierarten. Auch die großen gefleckten Katzen sind diesem Gesetze unterworfen. Der Panther, welcher auf den Sunda-Inseln lebt, unterscheidet sich durch den langen, dünnen Schwanz und die dichtstehenden, tiefdunklen Flecken auf den ersten Blick von dem schlanken, etwas hochbeinigen und heller gefärbten Leoparden des westlichen Vorderindiens. Der schwere, kurzbeinige, matt gezeichnete Panther des südöstlichen Vorderindiens ist ganz anders gefärbt und gestaltet als der helle, kleine Somali-Leopard, und diesen kann man wieder ziemlich leicht unterscheiden von dem satter gelb gefärbten Deutsch-Ostafrikaner, dem dunkleren Leoparden des Seengebietes und dem enggefleckten Westafrikaner. So hat jedes Tiergebiet in Afrika und in Asien bis hinauf zur Südgrenze von Sibirien eine besondere

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0288.jpg&oldid=- (Version vom 23.4.2024)