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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

unterbrochenem Laufe nach Athen eilte und mit der Freudenbotschaft: „Freut euch, der Sieg ist unser!“ vor den ängstlich harrenden Archonten entseelt zusammenbrach.

An diesen klassischen Vorgänger erinnert der Bote von Basel dessen Statuette (siehe untenstehende Abbildung) das dortige Rathaus schmückt. Er wurde im Jahre 1444 vom Rat der Stadt Straßburg im Elsaß beim Herannahen der Armagnaken nach Basel geschickt und soll, nachdem er seine warnende Botschaft überbracht hatte, tot niedergesunken sein. Seine Kleidung ist im Original halb schwarz, halb weiß. Diese zwiefache Färbung scheint im Mittelalter bei Botenröcken allgemein üblich gewesen zu sein und hat sich in der Schweiz bis ins 18. Jahrhundert erhalten. Die Botentasche hängt an einem um den Leib geschnallten Riemen, auf der linken Seite der Brust trägt er das Wappenschild von Basel angeheftet. Solch ein Wappenschild war das ständige Abzeichen der Boten; auch der Berner Läufer, vom Lerberbrunnen daselbst, trägt das Wappen seiner Vaterstadt. Die Farben seines Anzuges sind schwarz und rot. Von ihm wird die Geschichte erzählt, daß er, einstmals zu König Heinrich IV von Frankreich geschickt, diesem seinen Auftrag deutsch ausrichtete. Der König äußerte sein Erstaunen darüber, aber der freie Schweizer antwortete, man brauche sich nicht zu wundern, daß ein Läufer von Bern nicht Französisch, wohl aber, daß der König von Frankreich nicht Deutsch verstehe. Wie immer in solchen Anekdoten, war auch diesmal der Monarch sehr gnädig und lachte über den Spaß. – Aus dem 17. Jahrhundert ist das Bild eines Nürnbergischen Boten erhalten, der einen Brief mit der für jene Zeit etwas renommistischen Inschrift in der Hand trägt: „Gute Zeutung auß Türkey und Ostindien“. Dem Bild sind folgende lustigen Verse beigegeben:

„Ich bin die Post zu Fuß; ich trage diß und das:
Denck an den kühlen Wein, so bald ich werde naß.
Geh ich durch einen Thal, und höre Vögel singen,
so denck ich zu dem Tisch, da die Schalmeyen klingen.
Ich gehe durch den Wald und manchen Dörner-Strauß,
und traure, daß noch weit ist zu des Wirtes Haus.
Geh ich auf einen Weg, da fleüßt ein Wässerlein,
So denck ich morgens gleich an den gebränden Wein.
Sobald ich angelangt, will jeder Zeitung fragen;
doch kann ich unverschnaufft, 12 Dutzet Lügen sagen.
Frau wirtin traget auf, und setzt das beste zu:
Es zahlen diese Zech des Boten neüe Schuh.“

Heutzutage erinnert bei uns an den alten Boten, der zu Fuß von Ort zu Ort zog, eigentlich nur noch der Landbriefträger. Ihm werden aber, wo es irgend angeht, schon Pferd und Wagen beigegeben. Wie mühsam anderwärts auch heute noch der Dienst des Postboten sein kann, erfahren wir in dem Museum aus einer Reihe von Photographien und plastischen Modellen verschiedener Postboten, die unser Zeichner unter Hinzufügung landschaftlicher Staffage abgebildet hat. Da sehen wir zunächst die russische Post im Kaukasus, wie sie sich unter Kämpfen und Gefahren durch den Winterschnee des Gebirges hindurcharbeitet. Ueberhaupt sind die weniger kultivierten Länder das eigentliche Feld des Fußboten. In Indien (s. unsere Abbildung S. 313) ist er sogar für gewisse Strecken mit Schwimmgürtel und Schwimmblasen ausgerüstet, damit er an Flüssen nicht etwa den Umweg über entfernte Brücken zu machen braucht, während er in Argentinien (s. unsere Abbildung S. 315) für die Wanderungen in den Kordilleren einen dicken Bergstock trägt und den Kopf gegen Sonnenstich umwickelt hat. Der japanische Briefträger, dessen Abbildung nach einem Aquarell auf Seide im Postmuseum ausgeführt ist, trägt europäische Kleidung, nur der Kontrolleur, der neben ihm steht, hat noch die alte Landestracht bewahrt.

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Statuette eines
Baseler Briefboten

Dänischer Kugelpostwagen.

Die berittenen Boten zur schleunigen Ueberbringung von Nachrichten waren auch schon im Altertum bekannt. Die griechischen Schriftsteller erwähnen die Reiterposten der Perser, und Julius Cäsar verteilte Reiterstationen zwischen seinem Heere und Rom, um die Nachrichten von seinen Siegen möglichst rasch nach der Hauptstadt gelangen zu lassen. Den ersten wirklichen Postreiter besitzt das Museum in dem sogenannten „kleinen Kurier“ nach einem Kupferstich von Albrecht Dürer. Aus dem 17. Jahrhundert stammt die Abbildung eines Postreiters, der die Nachricht vom Abschluß des Westfälischen Friedens überbringt; das Bild trägt die Unterschrift: „Neuer Auss Münster vom 25 dess Weinmonats im Jahr 1648 abgefertigter Freud- und Friedenbringer Postreuter“. Er trägt das Posthorn, und dies bleibt nunmehr ein Attribut der Postillone, so zwar, daß es niemand sonst gestattet war, es zu führen. Friedrich der Große hat dieses Privileg einmal in einer seiner schlagenden Randbemerkungen bestätigt. Ein Herr v. Q. im Cleveschen, den der Hochmutsteufel gar zu sehr plagte, hatte es schon durchzusetzen gewußt, daß er in den Grafenstand erhoben wurde, eine Gunst, die der geldbedürftige König wohl hauptsächlich darum erwiesen hatte, weil durch die zu zahlenden Gebühren ein gut Stück Geld in die Staatskasse kam. Nunmehr aber stellte das neugebackene Gräflein die Forderung, sich einen eigenen Postillon mit Posthorn halten zu dürfen, worauf Friedrich erwiderte: „Ich erlaube Euch alle Arten von Hörnern zu tragen, nur keine Posthörner.“ Heutzutage spielt der berittene Postbote noch eine große Rolle in China (s. unsere Abbildung S. 313). Solch ein chinesischer Kurier hat täglich 300 bis 600 Li (ungefähr 130 bis 175 km) zurückzulegen, und selbst auf längeren Reisen von 10 bis 18 Tagen wird er nicht abgelöst.

Ferner ist das Museum an Abbildungen und Modellen von Wagen überreich. Neben dem Streitwagen der alten Aegypter finden sich die verschiedenen Arten zwei-

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0314.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2020)