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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

einem Eisengestell einen sogenannten Kern, welcher in roher Gestalt dem zu schaffenden Modell ähnlich, aber in seinen Ausdehnungen kleiner war.

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Die Herstellung der Wachsmodelle.

Auf diesen Kern trug man Wachs in der Stärke, die das Metall später haben sollte, auf und arbeitete hierin freihändig das Modell vollständig aus. Das so vorbereitete Modell wurde nun mit der Formmasse umgeben, in welcher sich die negative Form des Denkmals abdrückte. Es blieben nur die Wachsstangen sichtbar, durch deren späteres Wegschmelzen die Zuflußlöcher für das Metall und die Ventile für die ausströmende Luft, die „Windpfeifen“, entstanden. Wurde das Wachs jetzt ausgeschmolzen, so entstand zwischen dem Kern und der Form ein leerer Raum für das einzugießende Metall. Dies Verfahren hatte den Nachteil, daß mit dem Schmelzen des Wachses und dem Zerschlagen der äußeren Form auch stets das Original-Wachsmodell verloren ging, so daß der Künstler, wenn der Guß nicht gelang, noch einmal von vorn anfangen mußte. Auf diese unvollkommene Weise ist die oben erwähnte Bildsäule des Großen Kurfürsten gegossen, und noch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts arbeitete Rigetti in Neapel nach dieser Methode. Heute setzt man nicht mehr das Original aufs Spiel, sondern man macht über ihm zunächst eine Gipsform oder elastische Form, in welche man das flüssige Wachs eingießt. Nachdem eine schwache Schicht an den Wänden der Form erstarrt ist, gießt man es wieder aus. Dies so gewonnene hohle Wachsmodell dient nunmehr für den Bronzeguß, während das Original erhalten bleibt. Unser obenstehendes Bild zeigt die Herstellung solcher Wachsmodelle, die man, um sie besser handhaben zu können, in einzelne Teile zerlegt hat. Im Mittelpunkte sieht man einen Arbeiter beschäftigt, das flüssige Wachs in das Formstück einzugießen. Im Hintergrunde rechts macht sich ein anderer an den vorstehenden Eingußröhren, von denen oben die Rede war, zu schaffen, während links vorn ein dritter an dem Modell eines Löwenkopfes Besserungen vornimmt.

Nachdem die Gußform fertiggestellt worden ist, wird sie in der Gießgrube eingedämmt, das heißt fest in Sand eingestampft. Ueber ihr wird ein vierseitiges Becken aufgemauert, in dem sich die Löcher für die Zuflußkanäle und die Windpfeifen befinden. „Wohl, nun kann der Guß beginnen!“ Handelt es sich um besonders große Stücke, so benutzt man den Flammofen; bei kleineren Güssen wird das Metall in Graphittiegeln geschmolzen. Hat man den Ofen bis zur Rotglühhitze gebracht, so setzt man zunächst die Kupferbarren ein, und erst, wenn diese geschmolzen sind, fügt man das Zink und endlich das Zinn hinzu, während man mit einem Kehrbaum aus grünem Holz die Bestandteile zu mischen sucht. Als das beste Verhältnis für Bildsäulen und Gußwaren überhaupt giebt d’Arcet an: 82 Kupfer, 18 Zink, 3 Zinn und 11/2 Blei. Der alte Gladenbeck nahm früher Kupfer 89,55, Zink 7,46, Zinn 2,99.

Ist der Zapfen aus dem Ofen gestoßen, so bricht das flüssige, weißglühende Metall wie eine feurige Schlange hervor und nimmt seinen Weg durch einen Kanal zu dem über der Form befindlichen Becken. Noch sind die Oeffnungen der Zuflußkanäle geschlossen, da tönt das Kommando des Meisters: „Die Birne auf!“ – und lautlos stürzt die glühende Lava in die Tiefe der Form. Aus den Windpfeifen aber rauscht es auf, und im nächsten Augenblick schießen lange blaue Feuersäulen aus ihrem Munde. Noch immer rollt neues Metall nach dem Kessel und immer verschwindet es wieder, endlich bleibt es stehen, sein Spiegel erhebt sich, die Form ist voll und der Guß ist vollendet. Auf unserm oberen Bilde auf S. 365 sieht man nicht den großen Flammofen in Thätigkeit. Das Metall ist in Graphittiegeln geschmolzen worden, und jetzt sind die Arbeiter beschäftigt, aus einem solchen Tiegel, den sie mittels einer großen eisernen Stange handhaben, die flüssige Bronze in die Zuflußkanäle der eingedämmten Form einzugießen.

Etwa zwei bis drei Tage nach dem Guß hebt man die Form aus der Dammgrube heraus. Die Form selbst wird zerschlagen und der Guß durch Absägen der erkalteten Zuflußkanäle sowie durch Beizen mit Säuren und Ciselieren hergerichtet. Das untenstehende Bild führt uns in die Ciselierwerkstatt. Hier ist man gerade dabei, die Kolossalstatue Kaiser Maximilians, des „letzten

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0366.jpg&oldid=- (Version vom 3.5.2024)