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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

Halbheft 22.   1898.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Jahresabonnement (1. Januar bis 31. Dezember) 7 Mark. Zu beziehen in 28 Halbheften zu 25 Pf. oder in 14 Heften zu 50 Pf.


Montblanc.
Roman von Rudolph Stratz.
(1. Fortsetzung.)


4.

Durchdringender Knoblauchsgeruch mit kaltem Cigarettenqualm vermischt, zwei von den drei vorhandenen Betten des nie gelüfteten Zimmers von einem blonden europäischen Kaufmann und einem schnarchenden Spanier besetzt, dessen pechschwarzes Haupt- und Barthaar undeutlich aus gelblichbrauner Wäsche sich abhob, kahle Dielen, schmutzige Wände mit einem Muttergottesbild als einzigem Schmuck, lose in den Angeln klappernde Fenster und chaotische Unordnung von nassen Kleidern, kotüberzogenen Schuhen, Leder- und Wollproben überall – sehr einladend war die Unterkunft nicht, welche die „Fonda d’España“ dem spät abends gekommenen Fremden zu bieten vermochte.

Der stand nachdenklich vor dem Bett, einem gichtbrüchigen Holzgestell.

Der Wirt, ein indolenter Spanier, sah das Zaudern des Gastes vor dem zweifelhaften Lager und entschloß sich, mit der krankhaften Vorliebe der „Inglès“, der Fremden, für reine Wäsche vertraut, ein übriges zu thun. Er ging und kam mit einem sauberen, kleinen spitzenbesetzten Kopfkissen wieder, das er mit einer gewissen Feierlichkeit auf dem Bette niederlegte. Nun war nach seiner Ansicht den äußersten Ansprüchen an Komfort Genüge gethan. Verlangte der Fremde noch mehr, so war ihm nicht zu helfen!

Aber der Fremde hatte genug. Er schickte den Wirt fort, warf sich, in seinen Mantel gewickelt, mit allen Kleidern auf das Bett und blies das Licht aus.

Der Regen rauschte, eintönig klapperte das zerfallene Fenster in den Angeln, der Spanier und der blonde Kaufmann sägten und schnarchten im Schlaf um die Wette, und über den müden Gast, der mit offenen Augen wach in das Dunkle hineinsah, kam trotz des eklen Lagers allmählich die Ruhe. Er war zu erschöpft.

Leichte Fieberschauer durchrieselten ihn und webten um seinen unstet

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Wildkatze.
Nach dem Gemälde von L. Beckmann.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 677. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0677.jpg&oldid=- (Version vom 2.2.2023)