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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

nach Palästina zum Grabe des Erlösers allein unternommen. Das Schicksal der dortigen Christen erfüllte ihn mit tiefem Mitleid und mit glühenden Rachegedanken gegenüber ihren Peinigern. Dem Papst Urban II überreichte er Bittschriften des Patriarchen von Jerusalem und schilderte selbst den Plan, die abendländische Christenheit zur Befreiung des heiligen Grabes aufzurufen. Als seinen Sendboten schickte er den Einsiedler voraus und dieser verkündete in Italien und Frankreich, in Kirchen, an Kreuzwegen und auf der Heerstraße den heiligen Krieg. Papst Urban schrieb 1095 ein Concilium in Piacenza aus und berief später eine Versammlung nach Clermont in der Auvergne, wo Peter der Einsiedler ebenfalls erschien. Priester und Laien wurden von Begeisterung ergriffen, baten um die Erlaubnis, dem heiligen Zuge sich anschließen zu dürfen, und hefteten sich ein rotes Kreuz auf die Schulter; doch die Rüstungen der Fürsten währten der Ungeduld des Volkes zu lange, und so machte sich Peter von Amiens selbst im Frühjahr 1096 mit einem Heere ohne regelmäßige Bewaffnung, ohne Geld, selbst ohne Reiterei, auf den Weg nach Palästina. Der voreilige Kreuzzug verwandelte sich in einen wahren Plünderungszug; ein großer Teil dieser naturwüchsigen Kreuzfahrer wurde in Ungarn und dann in Bulgarien von der erbitterten Bevölkerung niedergemacht; doch kam ein Teil des Zuges, von dem Griechenkaiser in Konstantinopel beschützt, noch bis Bithynien, wo die große Mehrzahl von den Seldschucken erschlagen wurde. – Unsere Abildung stellt eine vom hohen Klerus zusammenberufene Versammlung dar, in welcher der Bote des Papstes durch seine Beredsamkeit die Herzen entflammt. In seinem schlichten Pilgergewand, den Strick um den Leib, abgezehrt von den Beschwerden seiner Wanderung, verkündet er der Menge, daß Christus selbst ihn im Traume berufen hat, zum heiligen Krieg aufzufordern. Er ist aus einer Abtei herausgetreten, in welcher soeben Gottesdienst abgehalten wurde – hinter ihm erscheinen die Würdenträger der Kirche, auf deren ernsten Gesichtern die Bedeutung dieser neuen geschichtlichen Wendung sich deutlich widerspiegelt, während die Ritter und Barone kampfesfreudig in den Ruf „Gott will es!“ einstimmen. Vor diesen Gruppen, welche begeistert die Schwerter schwingen, erblicken wir zu Pferde in langem Mantel Walther von Habenichts, den ersten kreuzfahrenden Genossen Peters von Amiens, der bald mit gesonderter Heeresmacht, bald mit dem Einsiedler zusammen den Zug nach dem Heiligen Lande vollführte. Im Vordergrunde sind einige Gestalten aus dem Volke dargestellt, die erst allmählich von der zündenden Rede Peters von Amiens fortgerissen werden. †      

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Gedenktafel für Kaiser Friedrich III an der Villa Zirio in San Remo.

Deutsche Post im Togolande. (Mit Abbildung.) In allen unseren Kolonien hat die Reichspostverwaltung es sich angelegen sein lassen, den betreffenden Gebieten den Anschluß an den Weltpost- und Telegraphenverkehr zu ermöglichen. In dem deutschen Schutzgebiete Togo an der Küste von Westafrika wird dieser Verkehr durch die in Lome und Kleinpopo befindlichen Post- und Telegraphenanstalten vermittelt, die je mit einem Fachbeamten deutscher Herkunft besetzt sind, dem das nötige farbige Personal zur Unterstützung beigegeben ist.

Außerdem sind die genannten Anstalten unter sich noch mit einer Fernsprechleitung verbunden und mit öffentlichen Fernsprechstellen versehen, denen seitens der Europäer, aber noch mehr seitens der Eingeborenen eine rege Benutzung zu teil wird. Für ein Gespräch in der Zeitdauer von fünf Minuten wird eine Gebühr in der Höhe von 1 Mark erhoben.

Unser Bild veranschaulicht das Innere der Kaiserlichen Postagentur in Lome. Im Hintergrund steht eine Negerin, ihr Kind nach dortiger Sitte auf dem Rücken tragend, am Fernsprecher, um mit ihren Verwandten in Kleinpopo zu sprechen. Der links von ihr stehende Neger ist der Telegraphist, der gerade seinem englischen Kollegen in Kwitta ein Telegramm übermittelt, während im Vordergrunde der Vorsteher der Postagentur im Schweiße seines Angesichts seinen Pflichten obliegt. Rechts, ebenfalls im Vordergrunde, steht ein farbiger Telegraphenbote, der soeben von einem Telegrammbestellgang zurückkehrt. An dem Schrank sehen wir noch einen farbigen Unterbeamten, den Telegraphenleitungsaufseher, der die etwa auftretenden Leitungsstörungen zu beseitigen hat und außerdem im Telegramm- und Briefbestellungsdienst Verwendung findet. Dieses Momentbild aus der Thätigkeit der deutschen Post in Afrika kennzeichnet beredt die erfreulichen Fortschritte der Kultur in unseren Kolonien.

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In der Postagentur zu Lome im Togoland.

Huzulin. (Zu dem Bilde S. 717.) Die nordöstlichen Abhänge der Karpathen werden von den Huzulen bewohnt. Sie gehören dem ruthenischen Volksstamm an und betreiben vor allem Viehzucht. Da in jenem Landstrich die Gebirgswege für Fuhrwerke meistens unpassierbar sind, werden zum Warentransport mit Vorliebe Lastpferde verwandt. Die kleinen aber kräftigen Huzulenpferde eignen sich für Gebirgstouren ausgezeichnet und werden auf den beschwerlichen Saumpfaden sowohl von Frauen wie von Männern auch als Reittiere benutzt. Unser Bild zeigt uns einen huzulischen Warentransport. In der Ferne schreiten, von einer Frau getrieben, zwei mit Landprodukten schwerbeladene Pferde. Am Schlusse des Zuges reitet ein Mann auf einem Schimmel. Die Hauptfigur in dem Vordergrunde ist eine junge Huzulin in der Nationaltracht. Sie füllt die stundenlange Reisezeit bis zum nächsten Marktflecken nützlich aus, indem sie, auf dem ruhig und sicher vorwärts schreitenden Pferde reitend, sich mit Spinnen beschäftigt. *      

Bethlehem. (Zu dem Bilde S. 725.) Die Reise des Deutschen Kaisers nach Palästina lenkt die Aufmerksamkeit der weitesten Kreise auf die heiligen Stätten. Von Jerusalem aus wird Kaiser Wilhelm II auch Bethlehem besuchen. Auf hügeligen Anhöhen liegt diese alte berühmte Stadt, in welcher Christus geboren wurde. Wie eine Burg erhebt sich in ihrem Osten eine weite Klosteranlage, deren Bauten von einer mächtigen in Kreuzform errichteten Basilika überragt werden. Von der Kirche aus führen mehrere Treppen zu einer Grotte hinab. In einer ihrer Nischen bezeichnet ein silberner Stern auf dem Boden die Geburtsstätte des Heilandes. Marmor, Teppiche und Gemälde schmücken die Krypta, die durch den Schein goldener und silberner Lampen erhellt wird. Seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts pilgerten Christen in dankbarer Verehrung nach Bethlehem, und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0739.jpg&oldid=- (Version vom 19.4.2023)