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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

Frau verkörpert, die ungebeugt aus den Stürmen des Lebens hervorgeht. Mit dem heiteren Glanz herzenswarmen Humors überstrahlt ist „Vater Robinson“, ein weiterer neuer Roman Wilbrandts, von mehr idyllischem Charakter. Mitten in das brausende Leben der Reichshauptstadt versetzt uns dagegen Rudolph Stratz in dem Roman „Die letzte Wahl“, der in den Lebenskreisen eines Fabrikanten spielt, welcher bisher seinen Wohnort im Reichstag vertreten hat; die hier geschilderten Konflikte und Leidenschaften sind aufs innigste verknüpft mit den politischen Kämpfen, deren Forum der Reichstag ist. Auch Stratz erfreut die Verehrer seines reich entwickelten Talents durch zwei neue Gaben; der andere Roman, „Der arme Konrad“, ist ein historischer. Er entwirft ein lebensvolles Bild aus dem großen Bauernkrieg von 1525, wobei die Gegend von Heidelberg – Neckarthal und Odenwald – mit der gleichen Anschaulichkeit und Farbenfrische geschildert wird, welche auch die Landschaftsbilder des eben in der „Gartenlaube“ erscheinenden „Montblanc“ so sehr auszeichnen. Für poetische Landschaftsmalerei gleichfalls in außerordentlichem Maße begabt hat sich in kleineren Erzählungen schon öfter der Schweizer J. C. Heer erwiesen, der heuer seinen ersten Roman – und in diesem gleich ein Meisterwerk – dem Publikum bietet.

Heers „An heiligen Wassern“ (Cotta, Stuttgart) versetzt uns in ein einsames Schweizer Gebirgsdorf, das, am Fuße des eisumpanzerten Matterhorns gelegen, immer aufs neue von den Lawinen eines der Gletscher heimgesucht wird, dessen Abfluß den Thalbewohnern andrerseits das von ihnen sorgfältig herabgeleitete Wasser für die Berieselung ihrer Almen liefert. Held des Romans ist ein kühner Sohn des Thals, der an den alten abergläubischen Gebräuchen der Heimat zu rütteln wagt und ihr Befreier wird von drückender Fron und beständiger Sorge, welche ihnen die Abhängigkeit von der Gletscherwelt aufzwang. Lebhafte Phantasie, anmutende Empfindungswärme stehen bei Heer im Dienst einer ungemein packenden Darstellung. Ganz anderer, mehr beschaulicher Art ist das Talent Gustav Frenßens, der in dem Band „Die drei Getreuen“ (Grote, Berlin) sich gleichfalls zum erstenmal mit einem Romane einstellt. Seine Heimat ist das holsteinsche Marschland zwischen Meer, Wald und Heide, eine Landschaft, die mit ihren geheimnisvollen Hünengräbern und wallenden Nebeln das Gemüt träumerisch stimmt. Wie ein träumerischer Sohn der Heide durch die Liebe zur Heimat und den Einfluß der Geliebten zum werkthätigen Mann wird, ist von Frenßen mit innigem Anteil und vorzüglicher Charakteristik von Land und Leuten geschildert. In die Welt des bayrischen Hochlands versetzt uns Wilhelmine von Hillern in dem Roman „Ein alter Streit“; der jetzt entartete Brauch des Haberfeldtreibens wird darin in seiner ursprünglichen Bedeutung dargestellt in einem ergreifenden, dramatisch bewegten Lebensbild. Thüringer Waldluft erfrischt uns bei der Lektüre der kerngesunden oberfränkischen Dorfgeschichten Heinrich Schaumbergers, deren illustrierte Gesamtausgabe (Zwißlcr, Wolfenbüttel) jetzt bis zu den Bänden „Vater und Sohn“ und „Zu spät“ vorgeschritten ist. Unseren Lesern bereits bekannt ist Ernst Ecksteins Roman „Die Hexe von Glaustädt“ (Grote, Berlin), welcher das grausame Walten des Hexenwahns an einem rührenden Beispiel darstellt. Auch Ernst MuellenbachsDie Hansebrüder“ liegen nun als Buch vor (Reißner, Dresden), ein Werk, in dem sich das goldne Gemüt des rheinischen Humoristen in seiner ganzen Liebenswürdigkeit spiegelt. A. Sewett, von welchem die „Gartenlaube“ kürzlich die ungemein stimmungsvolle Novelle „Ein Sommernachtstraum“ veröffentlichte, hat dieselbe in dem Bande „Das Glück und andere Novellen“ (Keil’s Nachf., Leipzig) mit kleineren Erzählungen vereinigt, die ebenfalls durch Stimmungsfülle anmuten. Unter den Novellisten, die gleich Riehl ihre Stoffe gern der Kulturgeschichte entnehmen, nimmt Adolf Stern einen hohen Rang ein. Die Gestaltung merkwürdiger Schicksale und Personen bleibt ihm stets die Hauptsache, bei aller Sorgfalt, die er auf das historische Kolorit verwendet. In dem Bande „Ausgewählte Novellen“ (C. A. Koch, Dresden) hat er eine Anzahl seiner besten Novellen zusammengestellt, die in der That Muster kunstvollendeter Novellistik sind. „Geschichten eines Verstorbenen“ nennt Karl Weitbrecht seine neuesten Erzählungen, die seine kräftige, echt schwäbische Eigenart, zu schauen und zu fühlen, in Ernst und Humor gar ansprechend offenbaren (Bonz, Stuttgart). Eine bunte Reihe kleinerer Erzählungen umfaßt der Band „Idyllen aus einer untergehenden Welt“ von Peter Rosegger (Staackmann. Leipzig); ihre Stoffe sind der uns längst vertrauten Welt der schönen „Waldheimat“ des Verfassers entnommen, die er hier im Kampfe mit der herandrängenden modernen Kultur schildert. In „Mein Weltleben“ erzählt Rosegger in seiner unterhaltsamen Weise, „wie es dem Waldbauernbuben bei den Stadtleuten erging“; das Buch ist eine Fortsetzung seiner autobiographischen Aufzeichnungen. Ein Dichterleben, aber in poetischer Form, schildert auch Müller-Rastatt; sein Roman „In die Nacht“ (Diederichs, Leipzig) hat zum Helden den auf so tragische Art dem Wahnsinn verfallenen Hölderlin, dessen Jugendgedichte der Verfasser schon früher herausgab und einer neuen Auffassung dieses Dichterschicksals zu Grunde legte.

Auf dem Gebiete der Lyrik haben wir vor allem die schöne kritische Ausgabe von Ludwig UhlandsGedichten“, zwei Bände, hervorzuheben, durch welche der Cotta’sche Verlag seine Klassikerausgaben ergänzt hat. Die Herausgeber Erich Schmidt und Julius Hartmann haben für dieselbe den reichen handschriftlichen Nachlaß des Dichters erstmals verwerten dürfen. Der Band „Ausgewählte Gedichte“ von Ludwig Pfau, welcher, von Ernst Ziel herausgegeben, im gleichen Verlage erschien, wird mit Genugthuung von allen begrüßt werden, die der wahrhaft volkstümlichen, gefühlsechten Lyrik des tapferen Achtundvierzigers, welche der Lyrik Uhlands so nahe verwandt ist, die ihr gebührende Verbreitung wünschen. Ein reiches, eigenartiges Gemüts- und Geistesleben spiegelt sich in den formvollendeten „Gesammelten GedichtenKarl Schönhardts, ein Vorzug, der auch der „Weltwanderung“ von Otto Liebmann und den „Weltlichen Legenden“ von Emil Claar in besonderem Grade innewohnt. Daß es auch in unseren oft als nüchtern gescholtenen Tagen einer echten Begabung gelingen kann, mit kleinen Gedichten und Liedern in kurzer Zeit Ruhm und Erfolg zu erringen, das bestätigen aufs erfreulichste die jugendfrischen „Gedichte“ von Karl Busse, die bereits in vierter Auflage (Liebeskind, Stuttgart) vorliegen. Aus dem Nachlaß des Dichters von „Psalter und Harfe“, Philipp Spitta, hat Peters „Lieder aus der Jugendzeit“ (C. G. Naumann, Leipzig) herausgegeben, die von der großen Gemeinde der Verehrer des Dichters herzlich begrüßt werden dürften. Der gleichen Aufnahme im Kreise unserer Leser geht gewiß die im Verlag der „Gartenlaube“ soeben erschienene Gedächtnisschrift „Emil Rittershaus“ entgegen, welche Julius Rittershaus nach selbstbiographischen Aufzeichnungen seines Vaters und Familienerinnerungen verfaßt hat.


Allerlei Kurzweil.


Bilderrätsel „Der Weihnachtsengel“
Von Alex. Weixelbaum.


 Rätsel.

Es leuchtet ein Gerät nach altem Brauch;
Setzt du den Kopf zum Fuß, so leuchtet’s auch.  E. S.


Auflösung des Homonyms auf dem Umschlag von Halbheft 25.
 Vermessen.


Auflösung der Skataufgabe auf dem Umschlag von Halbheft 25.
Der Spieler hat e7 tourniert und rD. gefunden, rZ., rO. (+ 13) aber gedrückt. Bei folgender Kartenverteilung:

Mittelhand: eW., rW., eZ., eO., e8, gO., g7, rK., sZ., sO. = 37
Hinterhand: gW., sW., eD., eK., e9, gZ., gK., r8, r7, sK. = 37

nimmt das Spiel folgenden Verlauf:

1. sD., sO., sK. (+ 18)
2. gD., g7, gK. (+15)
3. rD., rK., r7. (+ 15)

womit der Spieler 61 Augen hereinbekommt und Eichel-Tournee ohne 10 Matadore (11 X 8 = 88) gewinnt.


Auflösung des Punkträtsel „Der Schwur“ auf dem Umschlag von Halbheft 25.

Der Anfang der die Hand darstellenden Zeichnung, die aus einer einzigen Linie besteht, ist am Daumenballen zwischen der Querlinie B und M. Geht man von hier allen Windungen der Linie nach, so geben die am Wege befindlichen Punkte, d. h. die den Punkten entsprechenden Buchstaben auf den gleichen Querlinien, den Titel des Volksstücks:

Der Meineidbauer“ (von Anzengruber).


Auflösung der Entzifferungsaufgabe auf dem Umschlag von Halbheft 25.

Welch eine Roll’ im Leben
Das Schicksal dir gegeben,
Das ist des Schicksals Sache;
Doch die erteilte Rolle,
Sie sei nun, wie sie wolle,
Gut durchzuführen, das ist deine Sache.
 D. Sanders.


Die Auflösung der Schachaufgabe und des Kreuzrätsels auf dem Umschlag von Halbheft 25 erfolgt im nächsten Halbheft.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 836_a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0836_a.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2024)