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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Küchenlampe.

Nach der Erfindung von Cardanus trat wiederum ein langer Zeitraum ein, in dem niemand das Bedürfnis empfand, seinen Witz an den Lampen zu üben.

Bei Festen und feierlichen Gelegenheiten, vorzüglich aber für kirchliche Zwecke, hat man sich während des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts zumeist der Kerzen bedient. Sie wurden in der Weise hergestellt, daß man den Docht mit Wachs oder Rohtalg umknetete. Besonders die Rokokoperiode kann man als das Zeitalter der Kerzen bezeichnen. Die Säle der französischen Könige erstrahlten im Glanze der Wachslichter. Auch die Gemälde des Altmeisters Menzel, die getreue Kulturbilder aus der Zeit des Großen Friedrich geben, führen uns die Herrschaft der Kerzen lebendig vor Augen. Technisch allerdings waren diese Leuchten

Antike Oellampe.

noch höchst mangelhaft. Sie erlangten erst in der Stearin- und Paraffinkerze im Anfange unseres Jahrhunderts eine vorteilhaftere Ausbildung. Schrieb doch noch Goethe vor etwa hundert Jahren den damals gewiß sehr beherzigenswerten Spruch: „Wüßte nicht, was sie Bessers erfinden könnten, als wenn die Lichter ohne Putzen brennten!“

Die Lampe des Cardanus entwickelte, weil dem Dochte reichlich Oel zugeführt wurde, ein kräftiges Licht; aber die Flamme war noch rötlich und qualmend und würde für unsere Geruchsorgane nichts weniger als lieblich sein. Wie jetzt jedermann weiß, kann sich die Verbrennung nur dann ruhig und zweckentsprechend entwickeln, wenn der Flamme fortdauernd genügend Luft zugeführt wird. Die Schornsteine mögen wohl zuerst findige Köpfe auf die richtige Spur geleitet haben. Die Lampe des Cardanus empfängt einen Blechcylinder, der die erhitzte Luft aufsteigen läßt und so eine schnellere Vergasung ermöglicht. Ein großer Fortschritt ist dann um das Jahr 1756 zu verzeichnen, in dem der Pariser Apotheker Quinquet den Glascylinder einführt. Er verbessert sein Lieblingskind fortwährend und giebt ihm endlich sogar die Form des sogenannten gekröpften Cylinders, den man jetzt zumeist bei den Petroleumlampen verwendet.

Alte Straßenlaterne.

Und nun folgt Erfindung auf Erfindung. Das weiße geruchlose Licht, das der Cylinder schafft, macht die Lampe vornehm und führt ihr immer neue Freunde zu, die sich bemühen, sie noch zweckmäßiger zu gestalten. So stattet zum Beispiel Léger in Paris die Brenner mit dem heute noch vielfach gebrauchten Flachdochte aus. Es wird dadurch möglich, den Docht mittels eines Rädchens zu verschieben und die Flamme in gewünschter Weise zu regeln.

Dem Cylinder folgte verhältnismäßig schnell die Glocke, welche das Licht zweckmäßig sammelt und nach unten wirft und dadurch für einen beschränkten Raum eine größere Helligkeit schafft, wie man es bei der Tischlampe wünscht. Anfangs waren es Papierschirme, die über ein Drahtgestell gelegt wurden; bald schloß sich dann dem Glascylinder die Glasglocke an. Auch der Brenner empfing in jenen Jahren eine Verbesserung.

Der Schweizer Argand konstruierte 1789 einen röhrenförmigen Brenner mit einem röhrenförmigen Hohldochte. Da auch gegenwärtig noch der Flachbrenner neben dem sogenannten Argandbrenner verwendet wird, sind wir leicht imstande, diesen Fortschritt würdigen zu können.

Ein Mangel der älteren Lampe bestand in dem Schatten, welchen der Oelbehälter des Cardanus verursachte. Durch eine etwas sonderbare Anordnung, die fast gleichzeitig um 1819 Bordier-Marcel in Paris und Parker in London ausführten, wurde der Uebelstand gehoben. Diese Techniker konstruierten die damals hochgepriesene Astrallampe (vgl. Abbildung S. 19).

Der Oelbehälter erhielt bei ihr die Form eines ringförmigen Kragens, der etwa in Flammenhöhe die Flamme umgab und zugleich die Glocke trug. Die Röhren, welche das Oel aus dem Behälter zum Brenner führten, dienten wiederum zum Tragen des Glockenhalters. Diese Anordnung machte das Ansehen der Lampe plump; sie genügte daher bald nicht mehr dem verwöhnten Geschmacke und den höheren Ansprüchen der Zeit.

Es erschien durchaus wünschenswert, das Oelreservoir unterhalb des Brenners unterzubringen, wie es gegenwärtig allgemein bei unseren Petroleumlampen üblich ist. Wie wir schon oben auseinandersetzten, bereitet dies beim Gebrauch der schweren tierischen und vegetabilischen Oele, die man damals ausschließlich verwendete, große Schwierigkeiten. Eine solche Einrichtung würde einen Rückschritt gegen die Cardanuslampe bedeutet haben.

Bei der Kienspanlampe im Bauernhause.

Um den Lampen dennoch die gewünschte elegante Form geben zu können, mußten neue Methoden ermittelt werden. Eine große Zahl von Mechanikern nahm das Problem mit Eifer auf, und das Ergebnis waren die sogenannten Pumplampen. Vorzüglich haben Große in Meißen, Abbé Mercier in Leipzig und Brochant in Paris sich um ihre Ausbildung bemüht. Die Pumplampen enthielten einen kleinen Kolben, den man, um das Oel zu heben, niederdrücken mußte. Natürlich wurde dieser Handgriff, welcher sich wiederholte, wenn die Leuchtkraft der Lampe abnahm, höchst störend, obgleich ja unsere Vorfahren in der Zeit der Lichtputzschere nicht gerade verwöhnt waren.

Ein mechanisches Kunstwerk, die Uhrlampe von Carcel, beseitigte diese Schwierigkeit. Der auch auf anderen Gebieten rühmlichst bekannte Techniker verband das Pumpwerk mit einem Uhrwerk, welches die Bewegung selbstthätig regelte. Die Carcellampe

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0018.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)