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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Nur immer bescheiden
Nach dem Gemälde von C. v. Reth


ein Krieger und ein reicher Kaufmann; ihnen schließt sich ein Neger an, der in einer kostbaren Truhe die als Tribut festgesetzte Geldsumme trägt, während im Hintergrunde Diener mit dem Auspacken kostbarer Geschenke noch beschäftigt sind. In den Mienen der Gesandten malt sich deutlich schwere Besorgnis; denn hart ist die Herrschaft der Araber und „Wehe den Besiegten!“, wenn sie die Habgier des Tyrannen nicht befriedigen. *      


Nur immer bescheiden!

(Zu dem obenstehenden Bilde.)

Nur immer bescheiden, Fox! Es spricht
Von feiner Art und Erziehung nicht,
Die Pfoten so frech auf den Tisch zu stellen,
Beim ersten Bissen mich anzubellen;

5
Indessen deine Kameraden

Stumm bettelnd warten, bis man aus Gnaden
Beim Ende der Wurst auch ihrer gedenkt
Und ihnen das schöne Wurstfell schenkt.
Da nimm dir ein Exempel dran!

10
So stellt ein braver Hund sich an;

Nur brave Hunde – merke dir das! –
Bekommen am Ende vielleicht auch was.

Mein ist die Wurst, und erst komm’ ich;
Kannst du nicht warten, so trolle dich.

15
Nur immer bescheiden! und nie vergessen:

Andere Leute wollen auch essen.
 Ernst Muellenbach.

Die Werbung. (Zu dem Bilde S. 13.) Defreggers Bilder aus den tiroler Bergen haben neben ihrem hohen künstlerischen Wert noch den weiteren, ein getreuer Spiegel von Landesart und Volkssitte zu sein, mögen sie harmlose Lustigkeit in den Sennhütten schildern oder dramatische Vorgänge, wie den hier dargestellten.

Das ungeheure, unverhoffte Glück tritt in die Stube eines sorgenvollen Kleinhäuslers: der Brandhofer Franzl, der Sohn reicher Bauersleute, hat sich in die blonde Loni verliebt und will sie heiraten. Kämpfe mit seinem Alten hat’s genug gegeben, er ist standhaft geblieben, hat seinen Kopf aufgesetzt, mit Fortgehen gedroht und endlich den Sieg erstritten. Einen vollständigen! Denn nun, nachdem seine strenge, kluge aber doch herzensgute Mutter einmal nachgegeben und ihren Sinn gewandt, auch den Vater zur Ruhe geredet hat, nun will sie auch das Letzte thun, was ihr übrig bleibt: sie will in eigener Person mithelfen, die Werbung bei den Eltern anzubringen, und es mit ansehen, wenn die glückselige Loni ihrem Franzl an den Hals fliegt.

Aber oho! was ist denn das?!! Die Loni denkt gar nicht ans Fliegen; verdrossen bleibt sie am Ofen sitzen, nachdem der Werbespruch verklungen, und bricht ihr Schweigen nicht, so dringend auch Vater und Mutter in sie hineinreden und ihr das ungeheure Glück vorstellen. „Ja“ soll sie sagen! Aber sie sagt’s nicht, nicht um alles, sie hat ja im stillen einen ganz anderen gern, der jetzt bei den Kaiserjägern in Wien steht, arm wie sie, aber brav und hübsch – und die Eltern wissen’s und thun nicht dergleichen, jetzt, wo der reiche Freier ins Haus kommt!

Wie wird die Sache enden? Wahrscheinlich nicht erwünscht für den guten Franzl, dessen Stirne bereits tief gefaltet ist, während neben ihm die Mutter trotz höchster Mißbilligung noch an sich hält und den Ausgang erwartet. Des Zuschauers Herz muß geteilt sein zwischen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0035.jpg&oldid=- (Version vom 11.8.2023)