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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.
Seite
Das Schweigen im Walde. Roman von Ludwig Ganghofer (4. Fortsetzung) 133
Ueber den Schwindel. Von Nervenarzt Dr. Otto Dornblüth. 142
Eugenie John-Marlitt. Mit bisher ungedruckten Briefen und Mitteilungen. Von Moritz Necker. 144
Elen- und Säbel-Antilopen mit Jungen. Von Paul Matschie. Mit Abbildungen 152
Didiers Braut. Novelle von A. Noël (Anfang) 154
Blätter und Blüten: Graf Leo Caprivi †. (Mit Bildnis.) S. 162. – Der Friedenauer Schulgarten. (Zu dem Bilde S. 133.) S. 162. – Deutschlands merkwürdige Bäume: der Weißdorn zu Soest. (Mit Abbildung.) S. 163. – Das kurfürstliche Schloß in Mainz. (Mit Abbildung.) S. 163. – Am Hofe des Tiberius. (Zu dem Bilde S. 136 und 137.) S. 163. – Altdeutscher Hochzeitszug. (Zu dem Bilde S. 145.) S. 163. – Anton van Dyck. (Mit Bildniß und zu unserer Kunstbeilage.) S. 164. – Belauscht. (Zu dem Bilde S. 149.) S. 164. – Gudrun am Meere. (Zu dem Bilde S. 161.) S. 164. – Die Weidenpfeife. Gedicht von W. Schulte vom Brühl. (Zu dem Bilde S. 157.) S. 164.
Illustrationen: Im Gemeindeschulgarten zu Friedenau bei Berlin. Von E. Thiel. S. 133. – Am Hofe des Tiberius. Von E. Forti. S. 136 und 137. – Spottvögel. Von E. Beauduin. S. 141. – Altdeutscher Hochzeitszug. Von A. Brunner. S. 145. – Belauscht. Von J. R. Sylvestre. S. 149. – Abbildungen zu dem Artikel „Elen- und Säbel-Antilopen mit Jungen“. Von A. Matschie-Held. Säbel-Antilopen. S. 152. Elen-Antilopen. S. 153. – Die Weidenpfeife. Von O. Piltz. S. 157. – Gudrun am Meere. Von Ferd. Leeke. S. 161. – Graf Leo Caprivi †. S. 162. – Deutschlands merkwürdige Bäume: der Weißdorn zu Soest. S. 163. – Das kurfürstliche Schloß in Mainz. S. 163. – Selbstbildnis Anton van Dycks in den Uffizien zu Florenz. S. 164.


Hierzu Kunstbeilage V: „Die Kinder Karls I von England“. Von Anton van Dyck.




Kleine Mitteilungen.


Amalie Joachim †. Eine Sängerin ersten Ranges, welche sich um die Pflege des Liedergesangs hervorragende Verdienste erworben hat, ist in Amalie Joachim dahingegangen, die am 3. Februar in Berlin schwerem Leiden erlag. Sie war eine Oesterreicherin; in Marburg in Steiermark kam Amalie Schneeweiß am 10. Mai 1839 als Tochter eines kaiserlichen Rates zur Welt. Für die Ausbildung ihrer schönen Altstimme bot die kleine Provinzialstadt nur unzulänglich Gelegenheit. Aber der häufige Besuch der guten Oper in Graz, der dem heranwachsenden Mädchen gewährt ward, ermöglichte es ihm wenigstens, aus eigenem Antrieb sich nach tüchtigen Mustern zu bilden. Sehr früh regte sich in ihr der Drang zur Bühne; ihr erstes Auftreten erfolgte in Troppau. Ihre seltene Begabung entwickelte sich hier schnell, und als sie im folgenden Jahr in Wien vor Cornet, dem Direktor des Operntheaters am Kärntner Thor, Probe sang, beeilte sich dieser, sie für seine Bühne zu engagieren. 1862 erhielt sie einen Ruf an das hannoversche Hoftheater als erste Altistin, wo sie mit glänzendem Erfolg wirkte.

Ihre Verheiratung mit dem berühmten Geigenvirtuosen Joseph Joachim wurde jedoch schon im folgenden Jahre zum Anlaß, daß sie ihre Kunst dem Theater entzog und sich hinfort auf den Konzert- und Oratoriengesang beschränkte. Und auf diesem Gebiete entfaltete sich ihr reiches Können erst in seiner ganzen machtvollen Eigenart. Die seelenvolle Auffassung, die innige Durchgeistigung, mit der sie die herrlichen Lieder Franz Schuberts, Robert Schumanns, Felix Mendelssohns und ihrer Nachfolger zum Vortrag brachte, fanden überall enthusiastische Aufnahme. Auch im Ausland erlebte ihre edle Liederkunst begeisterte Anerkennung; namentlich in England gewann sich Frau Joachim als Lieder- und Oratoriensängerin eine große treue Gemeinde. Für einen Cyklus von Sonderkonzerten, der vier Abende umfaßte, stellte sie sich ein Programm „Das deutsche Lied“ zusammen, das in geschmackvollster Auswahl eine Uebersicht über die Entwickelung des deutschen Liedes darbot; die Kraft der Nachempfindung, mit welcher sie dem Reichtum der hier sich folgenden Stimmungen gerecht zu werden vermochte, erregte allgemeine Bewunderung.

Auch als Lehrerin ihrer Kunst hat Amalie Joachim sich große Verdienste erworben; zahlreiche Schüler und Schülerinnen trauern ihr nach und lohnen ihr mit treuer Anhänglichkeit die Fülle von Belehrung und Anregung, welche sie ihrem Unterricht und ihrer Kunstbegeisterung zu danken haben. Zu ihren erfolgreichsten Schülerinnen gehört auch eine ihrer Töchter, welche heute am Kasseler Hoftheater als erste Altistin wirkt. Seit 1868 lebte Frau Joachim in Berlin, wo ihr Gatte damals die Direktion der neuerrichteten Hochschule für Musik übertragen erhielt. Ihren Wohnsitz hatte die Künstlerin zuletzt in Charlottenburg.

Niveauschwankungen großer Binnenseen als barometrische Erscheinungen. Daß der Wind Schwankungen des Wasserspiegels von Binnenseen sowohl als auch von wirklichen Meeren herbeiführen kann, ist eine bekannte Thatsache, und wohl fast jedermann weiß, daß die häufig so verderblichen Sturmfluten ihren Grund darin haben, daß, wie schon der Name sagt, ein heftiger Sturm, längere Zeit aus einer und derselben Richtung kommend, auf das Wasser drückt. In unsern deutschen Meeren ist es vorgekommen, daß deren Niveau infolge solchen Sturmes an der Küste vier und mehr Meter höher als gewöhnlich stieg und ihr Wasser sich verderbenbringend über die Dämme in das offene Land ergoß.

Aehnliches läßt sich auch auf großen Binnenseen, so namentlich den nordamerikanischen, beobachten, wo bei Orkanen, hauptsächlich in der Zeit der Nachtgleichen, Oberflächenschwankungen von mehr als 41/2 m vorkommen sollen. Ein solches Nachgeben, eine solche Reaktion der Wasserfläche, wird man bei dem ungeheuren Druck, den diese mit einer Geschwindigkeit von mehr als 40 m in der Sekunde, doppelt so schnell also als unsere besten Eisenbahnzüge einherbrausenden Stürme ausüben, begreiflich finden, merkwürdig sind aber die ganz geringen Schwankungen des Wasserspiegels um höchstens 8 bis 10 mm, die neuerdings an den amerikanischen Seen nachgewiesen sind. Dieselben halten höchstens eine halbe Stunde an und verschwinden dann scheinbar ebenso grundlos, wie sie gekommen sind.

Ein amerikanischer Beobachter hat nun den Nachweis erbracht, daß diese kleinen Oberflächenänderungen nichts anderes sind als Folgen des Wechsels des Luftdrucks, wie ihn ja auch unsre Barometer registrieren, Wechsel, die wir sonst gar nicht empfinden würden. Merkwürdig dabei ist nur, daß eine solche Riesenwasserfläche, von der wir doch gewöhnt sind anzunehmen, daß eben auch nur eine Riesenkraft sie aus ihrer Lage bringen könne, durch solch schwachen Wechsel im Luftdruck, auf den die Quecksilbersäule des Barometers kaum reagiert, bewegt werden kann. –<tt>t</tt>.     

Indische Erdbeere. Erdbeeren sieht man im allgemeinen nur im Garten, wenn man sich nicht gerade das Vergnügen machen will, einige Erdbeertöpfe im Winter zu treiben, um auch mal im Winter Erdbeeren ernten zu können. – Es giebt aber auch eine Erdbeere, die fast ausschließlich im Zimmer gezogen werden muß, es ist die indische Erdbeere Fragaria indica. Sie giebt eine ganz hübsche Ampelpflanze ab und wirkt zierend durch ihre kleinen Erdbeerblüten und durch die Früchte, welche etwa die Größe unserer Walderdbeeren haben. Die indische Erdbeere ist ziemlich anspruchslos. Sie verlangt nur guten kräftigen Boden und, wenn sie rasch wächst, viel Wasser. Wo sie trocken gehalten wird, da färben sich die Blätter rot. Sind die Pflanzen alt geworden, dann kann man leicht neue schaffen. Jede Ranke bewurzelt sich.

Schneeglöckchen. Das gewöhnliche Schneeglöckchen Galanthus nivalis ist allbekannt, wenigstens behauptet jedermann, es zu kennen. Wenn wir aber die Probe darauf machen, so stellt sich sehr häufig heraus, daß das echte Schneeglöckchen doch nicht immer der Vorstellung entspricht, die wir uns von ihm machen. Das Schneeglöckchen hat einen Nebenbuhler, der zwar verwandt mit ihm ist, aber gar nicht den Namen Schneeglöckchen führt. Es ist die Frühlingsknotenblume Leucojum vernum. Das Aussehen dieses Frühlingsblühers, der mit dem echten Schneeglöckchen zu gleicher Zeit erscheint, ist oberflächlich betrachtet das eines besonders gut ausgebildeten Schneeglöckchens. Die Blüte ist langstengliger, größer, vollkommen in allen ihren Teilen. Betrachten wir uns beide Blumen genauer, so finden wir die Unterschiede ziemlich rasch. Die Frühlingsknotenblume hat mehr Blumenblätter, im ganzen sechs, das Schneeglöckchen dagegen nur drei, während letztere vollständig weiß sind, haben die ersteren eine kleine grüne Spitze.

Vom Schneeglöckchen besitzen wir allerdings auch ein Riesenschneeglöckchen, das aus Kleinasien stammt, Galanthus Elwesi. Es ist noch wenig verbreitet, ist aber sehr empfehlenswert und blüht im Freien noch etwas früher als die gewöhnliche Art. – Alle Schneeglöckchen, auch die Leucojum, lassen sich treiben. Man darf aber nicht die einzelnen Zwiebelchen in Töpfe setzen, wie es bei den Hyacinthen und Tulpen geschieht, sondern muß aus dem Garten heraus sich ganze Büsche graben und sie so zusammenhängend wie sie sind einpflanzen. Im Herbst und Winter kann dies jederzeit geschehen. Das Treiben ist nur bei mäßiger Wärme möglich. Im kalten Zimmer am Fenster aufgestellt, entwickeln sich die Blüten allmählich, im warmen Zimmer giebt es keine Blüten.

Immerblühender Goldlack. Wenn man längst nicht mehr an den Goldlack im Freien denkt, bringt der immerblühende Goldlack im Zimmer am sonnigen Fenster noch fortwährend seine duftenden Blumen. Sie sind nicht so prächtig dunkelgelb wie die des alten Goldlacks, ihre Farbe ist ein Hellgelb, aber was schadet das im Winter, wo wir so wenig Blumen besitzen und dankbar für jede sind! Den immerblühenden Goldlack kann man zu verschiedenen Zeiten aussäen, einmal sehr früh, im Februar, März, das giebt Pflanzen, welche schon im Hochsommer, oft noch früher zu blühen beginnen und, wenn die abgeblühten Blumen abgeschnitten werden, bis zum Herbste im besten Flor bleiben. So herangezogen, ist der immerblühende Goldlack eine ganz gute Pflanze für unsere Blumenbeete. Aus Samen, der im Mai oder Juni ausgesäet wird, erhält man Pflanzen, die mit dem Eintritt des Frostes, also gerade zur rechten Zeit mit der Blüte beginnen. Man kann dazu die Pflanzen auf Beete aussetzen und nachher eintopfen. Man kann sie aber auch schon klein in Töpfe pflanzen und sie im Freien pflegen. Letztere Art der Anzucht macht mehr Mühe, ist aber insofern erfolgreicher, als die Pflanzen sich im Winter besser halten und besser entwickeln.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 132_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0132_d.jpg&oldid=- (Version vom 13.8.2023)