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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Fremden besucht war. Von ihrem Wirt, Don Giuseppe Pagano, erfuhren sie, daß sich in einem felsigen Abhang des nördlichen Ufers der niedrige Eingang zu einer Höhle befinde, die übel berufen sei, so daß sich niemand hineinwage. Kopisch beredete seinen Freund und den Wirt, sich mit ihm dorthin rudern zu lassen, und drang dann schwimmend in die Grotte ein, gefolgt von den andern. So entdeckte er die seitdem vielbewunderte Grotte, die er nach dem zauberhaften blauen Schimmer, der Luft und Wasser in ihr durchleuchtet, die „blaue Grotte“, „la grotta azurra“ nannte. Erfüllt von dem Geschauten, schrieb er nach der Rückkehr in Paganos Fremdenbuch eine Schilderung der Entdeckung, die bald in der Welt von sich reden machte.

Ein Besuch des kunstsinnigen preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm in Neapel wurde dann für Kopischs weiteres Leben entscheidend. Der Dichter, der inzwischen selber eine populäre Persönlichkeit Neapels geworden war, den als solche unter dem Namen „Don Augusto Prussiano“ sein Freund Camerano auf die Bühne gebracht hatte, erhielt den Auftrag, zu Ehren des fürstlichen Gastes ein großes Fest zu arrangieren. Den Mittelpunkt desselben bildete ein Volkslustspiel, wozu Kopisch mit Camerano zusammen ein Vorspiel in neapolitanischem Dialekt schrieb, in welchem der Pulcinell deutsch sprach. Die ausgezeichnete Wirkung dieser Improvisation veranlaßte den Kronprinzen, den Dichter nach Berlin in seine Umgebung zu ziehen. Noch vor der Thronbesteigung betraute ihn Friedrich Wilhelm IV mit der Aufgabe, ein Werk über die Schlösser und Gärten bei Potsdam zu schreiben. In diese Stadt siedelte Kopisch dann über.

Er starb am 6. Februar 1853 ganz plötzlich, im zweiten Jahre seiner mit Marie von Sellin geschlossenen glücklichen Ehe.

Das daseinsfrohe, echt schlesische Naturell des Dichters, das sich im Freundeskreise beim Wein durch allerlei gesellige Talente hervorthat, spiegelt sich am anziehendsten in jenen schwankartigen volkstümlichen Gedichten wider, zu denen „Die Heinzelmännchen“ gehören, sowie in seinen humoristischen Trinkliedern. Von diesen erfreut sich ganz besonderer Beliebtheit jene Historie vom Noah, dem nach der Sündflut das Wasser gar nicht mehr schmecken will, „dieweil darin ersäufet sind all’ sündhaft Vieh und Menschenkind“, worauf ihm Gott der Herr aus dem Paradies einen Weinstock stiftet. Die erste Sammlung seiner „Gedichte“ erschien 1836; seine „Gesammelten Werke“ gab 1856 Karl Bötticher heraus.

Die neue Steig- und Rettungsleiter der Berliner Feuerwehr. (Mit Abbildungen.) Oft sind bei Bränden die Treppenhäuser derart von Qualm oder Feuer erfüllt, daß ein Vordringen auf ihnen zum Brandherd oder zu gefährdeten Personen nicht schnell genug möglich ist, oder das Feuer hat solche Ausdehnung erreicht, daß nur ein umfassender Angriff von außen zum Ziele führt. In solchen Fällen bieten große mechanische Leitern das geeignetste Mittel, einen fehlenden Angriffs- oder Rettungsweg schnell herzustellen. In der richtigen Erkenntnis dieses Wertes der mechanischen Leitern sind daher die größeren Feuerwehren bestrebt, mindestens auf jeder größeren Feuerwache eine solche Leiter zu stationieren, und in Berlin im besonderen wird in kurzer Zeit jede einzelne Wache mit einer Leiter ausgerüstet sein, welche dann bei jedem Alarm mit ausrückt. Unter den vielen vorhandenen Leitertypen dieser Gattung hat man sich in Berlin für die Drehturmleiter von August Hoenig in Köln a. Rh. entschieden, welche sich nach mehrjährigem Gebrauch bei anderen Wehren als zweckmäßig und praktisch erwiesen hat. Diese Drehturmleiter bildet ein vierräderiges, zweispänniges Gefährt, welches mit Besatzung und Ausrüstung etwa 75 bis 80 Centner wiegt, bis zur Deichselspitze etwa 8,50 m Länge mißt und durch eine Durchfahrt von 2,80 m lichter Höhe und 2,10 m lichter Breite geht. Die größte Ausschubhöhe beträgt 24 m vom Erdboden. Die letzten drei Größen sind bedingt durch die Baupolizeiordnung für den Stadtkreis Berlin, nach deren Vorschrift die Durchfahrten nach den hinteren Gebäuden mindestens 2,80 m hoch und 2,30 m breit sein müssen und kein Gebäude höher als 22 m sein soll. Trotz des bedeutenden Gewichts vermag die Leiter doch den anderen Fahrzeugen zu folgen. Der Leiterwagen führt außer der Bedienungsmannschaft noch so viel Lösch- und Rettungsgeräte mit, daß mit ihnen ein kleineres Feuer bewältigt und ein Rettungsmanöver ausgeführt werden kann. Die eigentliche Leiter besteht aus vier coulissenartig ineinander geschobenen Holzleitern und ruht auf einem eisernen Turm, welcher über der Hinterachse des Wagens auf der Plattform drehbar befestigt ist. Durch eine Winde wird die Leiter mit Drahtseilen zur senkrechten Stellung aufgewunden und darauf werden durch eine andere Winde die einzelnen Leiterenden mittels Drahtseilen so auseinandergezogen, daß sich gleichzeitig die zweite Leiter aus der ersten, die dritte aus der zweiten und die vierte aus der dritten um das gleiche Maß herausschieben. In der kurzen Zeit von 11/2 Minuten kann die Leiter durch vier Mann aufgerichtet und bis zur größten Höhe aufgeschoben werden. Die Standfestigkeit ist so groß, daß die ausgezogene Leiter freistehend bestiegen werden kann, jedoch wird sie im allgemeinen an die Häuser angelehnt, damit sie einen direkten Weg in die einzelnen Stockwerköffnungen bildet.

Die neue Steig- und Rettungsleiter der Berliner Feuerwehr.
Nach einer Originalzeichnung von Ewald Thiel.


Der Preisträger. (Zu dem Bilde S. 336 und 337.) Jede holländische Landschaft hat ihre besondere Art von öffentlichen Belustigungen beim Volksfest: Pferde- und Wagenrennen, Wettspiele der Geschicklichkeit, wie das Ringstechen, welches besonders in der Provinz Seeland mit großem Eifer geübt wird. Ueber die Rennbahn spannt sich ein Seil, in dessen Mitte der Ring herabhängt; ihn gilt es, vom Rücken des ungesattelt galoppierenden Pferdes aus herabzustechen, und zwar mehrmals hintereinander. Wer das fertig bringt, ist Sieger und zieht triumphierend mit seinen Kameraden zur Schenke, wo ein freudiges Halloh seinen Eintritt begrüßt. So schwenken auf unserem Bilde die Männer ihre Gläser dem Glücklichen entgegen, der seinen gewonnenen Preis, eine schöne Uhrkette mit Anhänger, stolz lachend vorweist, und oben vom hohen Sitz herunter fiedelt der Musikant aus Leibeskräften in das fröhliche Hochrufen hinein. Die Frauen verhalten sich stiller, doch auch ihre Blicke gelten dem Sieger, und triumphierend wendet sich die hübsche Dirne im Vordergrund nach dem Fenster zurück, wo eine neidische Freundin den Aerger über die Niederlage des eigenen Schatzes umsonst hinter einer spöttischen Miene zu verbergen sucht. Im übrigen aber waltet über der Versammlung jene gediegene behagliche Lebensfreude, welche schon aus den Bildern der alten Niederländer zu uns spricht und offenbar ein Erbteil ihres heimischen Stammes ist.

Unkraut und Eisenbahn. Auf ganz besonders fruchtbarem Boden muß die Strecke der amerikanischen Chicago-Milwaukee und St. Paul-Eisenbahn liegen, denn zwischen und neben ihren Schienen wächst beständig eine so gewaltige Menge von Unkraut, daß es dreimal in jedem Jahre beseitigt werden muß, um den Betrieb nicht zu hindern. Wie

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0355.jpg&oldid=- (Version vom 4.12.2020)