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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Inhalt.

Seite
Am heiligen Abend. Gedicht von Paul Härtel. Mit Abbildung von Fritz Bergen. 805
Der König der Bernina. Roman von J. C. Heer (7. Fortsetzung) 806
Johann Heinrich Pestalozzi. Ein Blatt zur Einweihung des Pestalozzi-Denkmals in Zürich. Von Oswald Heidegger. Mit Abbildung 815
In der Christnacht. Novellette von Anna Ritter. Mit Illustrationen von Werner Zehme 817
Das Antoniusfest in Schweina. Von A. Trinius. Mit Abbildung von Richard Starcke 824
Gefälschte Briefe. Ein Bild aus deutscher Geschichte. Von Rudolf von Gottschall (Schluß.) 826
Das Baumschütteln am Andreasabend. Ein Bild aus dem vogtländischen Volksleben von L. Niedel. Mit Illustrationen von Fritz Bergen 829
Vom Weihnachtsbüchertisch 831
Blätter und Blüten: Das Weihnachtsfest der Wiener im Jahre 1227. (Zu dem Bilde S. 821.) – Zum hundertsten Geburtstag Heinrich Heines. – Der Cotta’sche Musen-Almanach für das Jahr 1900. (Mit Abbildung.) – Nikolaustag in den Niederlanden. (Mit Abbildung.) – Altgriechische Gliederpuppe. (Mit Abbildung.) – Zu unseren Bildern.
Illustrationen: Abbildung zu dem Gedicht „Am heiligen Abend“. Von Fritz Bergen. S. 805. – Weihnachtsbescherung. Von Herm. Kaulbach. S. 808 und 809. – Christkinds Gaben. Von G. Mühlberg. S. 812. – Das Pestalozzi-Denkmal in Zürich. S. 813. – Illustrationen zu der Novellette „In der Christnacht“. Von Werner Zehme. S. 817, 818, 819, 820, 822, 823. – Das Weihnachtsfest der Wiener im Jahre 1227. Von H. Lefler. S. 821. – Abbildung zu dem Artikel „Das Antoniusfest in Schweina“. Von Richard Starcke. S. 824. – Friede auf Erden. Von Wilh. Schade. S. 825. – Illustrationen zum Artikel „Das Baumschütteln am Andreasabend“. Von Fritz Bergen. S.829 und 830. – Nikolaustag in den Niederlanden. Von J. Gehrts. S. 833. – Vor Amalfi. Von R. Püttner. S. 835. – Altgriechische Gliederpuppe. S. 836.
Hierzu Kunstbeilage XXVI: „Christikinds Weckruf.“ Von J. R. Wehle.




Kleine Mitteilungen.


Der Freiwillige Erziehungsbeirat für schulentlassene Waisen. In der letzten Reichstagsperiode führte der Kriegsminister von Goßler an der Hand von statistischen Ermittelungen den Beweis über die traurige Thatsache, daß bereits 18 Prozent der eingezogenen Rekruten vorbestraft sind. Für Berlin ist ferner durch die Statistik bewiesen, daß ein Sechstel unserer heranwachsenden Jugend Waisen sind. Diese verwaisten Menschenkinder tüchtig zum Kampfe fürs Leben heranzubilden, hat der Verein des Freiwilligen Erziehungsbeirates in Berlin sich zur Aufgabe gemacht. Leuten in späteren Jahren, die nichts Ordentliches gelernt haben, lohnenden Erwerb zu schaffen, ist sehr schwer. Das Bäumchen biegt sich, doch der Baum nicht mehr, daher ist diese hilfespendende Vereinigung, die die jungen alleinstehenden Menschenkinder arbeitstüchtig hinstellen will, überaus hochzuschätzen und nachahmungswürdig. Der Berliner Verein war der erste der Welt, und die Städte Darmstadt, Kottbus, Tempelburg, Kopenhagen u. s. w. sind demselben gefolgt und nach seinem Vorbilde in gleicher Weise vorgegangen. Dr. Tvernoes aus dem Kopenhagener Kultusministerium hatte den Berliner Verein zu seiner Information besucht und bei der Konstituierung des Vereins, am 4. September 1898, dem Vorstand des Berliner Vereins seinen wärmsten Dank übersandt. Der Berliner Verein zählt 1610 Pfleger und Pflegerinnen. Grundsätzlich enthält sich der Verein jedes Eingriffes da, wo der städtische Waisenrat schon ausreichende Fürsorge getroffen hat, dagegen stellt er sich den Gemeindewaisenräten in Ergänzung von deren amtlicher Thätigkeit zur Verfügung. Trotz seines erst dreijährigen Bestehens besitzt der Verein schon 40000 Mark eisernen und mehrere tausend Mark verfügbaren Fonds, welches Kapital durch Mitgliedsbeiträge, Wohlthätigkeitsfeste und Zuwendung aus Gerichtsstreitigkeiten gesammelt ist. Am 20. Oktober 1898 sind dem Verein die Rechte einer juristischen Person verliehen worden. Der beste Schutz gegen moralischen Verfall ist Arbeitstüchtigkeit. Möchte das Vorbild dieses Vereins auch andere Städte zu gleichem Thun anspornen; über die Thätigkeit des Vereins erteilt der Vorsitzende, Herr Landgerichtsdirektor Dr. Felisch in Berlin, gern nähere Auskunft. Olga Henke.     

Das größte Eisenerzvorkommen der Welt. Schweden ist ein an Eisenerzen sehr reiches, ja wahrscheinlich überhaupt das eisenreichste Land und birgt, da die Industrie mit jedem Jahr mehr Eisen gebraucht und das Eisenerz sehr gut bezahlt wird, große Schätze. Während wir in Deutschland nur zum kleinsten Teil das Eisen, das wir produzieren, aus eigenen Erzen erzeugen können, sondern sehr viel Erze aus Spanien, Schweden und Ungarn einführen müssen, würde die Eisenindustrie Schwedens, selbst wenn sie der unseren gleich wäre, ihre inländischen Eisenerze bei weitem nicht aufbrauchen können. Dazu kommt noch, daß der Eisengehalt schwedischer Eisenerze nahezu das theoretische Maximum, nämlich etwa 65 bis 69 vom Hundert, beträgt, während der Gehalt unserer Erze durchschnittlich nicht mehr als 35 bis 40 vom Hundert ausmacht. Außerdem sind die ersteren auch sämtlich sehr phosphorreich; im Durchschnitt enthalten sie 1 % Phosphor, was bei dem großen Verbrauch von Phosphat in der Landwirtschaft (Thomasschlacke) von großer Bedeutung ist.

Das größte Eisenerzvorkommen der Welt nun, das zur Zeit erschlossen und dessen Vorrat in Gebrauch genommen wird, das von Kirunavara, liegt auch auf schwedischem Gebiet. Man hat dessen Erzvorrat – bis zu einer Tiefe von etwa 200 m – auf 700 Millionen Tonnen berechnet. Wollte man diese Menge auf einem Eisenbahnzug befördern, so würde dieser, der Wagen zu etwa 5 m Länge und 10 Tonnen Tragfähigkeit angenommen, etwa gerade neunmal um den Aequator herumgehen. Der Wert dieses Erzvorkommens nach den jetzigen Preisen würde, die Tonne an Ort und Stelle zu 6 Kronen angenommen, etwas über 4 Milliarden Kronen betragen. Dr –t.     

Stand der Volksbibliotheken in deutschen Städten. Aus einem Bericht des statistischen Amtes der Stadt Dortmund, welcher aus Anlaß einer Rundfrage bei 40 Stadtverwaltungen erstattet wurde, geht hervor, daß sich in diesen 40 Städten insgesamt 149 Volksbibliotheken und 39 Lesehallen befinden. Von den Lesehallen sind 30 mit den Volksbibliotheken verbunden und 9 selbständig. Die meisten Volksbibliotheken, nämlich 27, hat Berlin, dann folgt Hagen i. W. mit 16, Bremen mit 14, Dresden und Hannover mit 12, Leipzig mit 11 Bibliotheken. Lesehallen sind in Frankfurt a. M. und Dresden je 4 vorhanden, in den meisten Orten dagegen nur eine.

In einer Reihe von Orten sind die Leseeinrichtungen städtisch: so in Berlin, Breslau, Charlottenburg, Erfurt, Guben, Hagen, Kassel, Köln und Pforzheim. In den übrigen Städten sind sie von Vereinen gegründet, werden aber von der Stadt unterstützt. Wenngleich diese Erhebungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen, so geben sie doch ein ungefähres Bild über die in den letzten Jahren in Sachen der Volksbibliotheken gethane Arbeit. Es sei hier noch die Zahl der in den größeren Bibliotheken vorhandenen Bände mitgeteilt. Es besitzen Berlin 100520, Dresden 42186, Frankfurt a. M. 35300, München 27743, Breslau 15084, Leipzig 15000, Bremen 14796, Köln 13000, Wiesbaden 12517, Freiburg i. Br. 11500, Hannover 11040 Bände etc.

Reiche Schauspieler. Daß berühmte Künstler der Neuzeit durch ihre Leistungen sich ein ansehnliches Vermögen erworben haben, ist eine bekannte Thatsache. Allerdings haben bei einigen gelegentliche Direktionsführungen dazu beigetragen, vor allem die Gastspielreisen – und da war Amerika das Dorado für alle goldsuchenden Talente; neuerdings ist es noch mehr als früher eine unvermeidliche Station auf dem Wege zum Ruhm geworden. Doch ist der jenseitige Weltteil auch vielen Künstlern verhängnisvoll geworden, einem Bogumil Dawison, der von dort geisteskrank zurückkehrte, einer Magda Irschick, welche bei ihrer ersten Tournee reiche Lorbeeren erntete, bei ihrer zweiten große Verluste erlitt. Dies Schicksal ist freilich hervorragenden Künstlern wie Friedrich Haase und Ludwig Barnay erspart geblieben, welche wohlbehalten und mit gefüllter Kasse von ihren Fahrten übers Meer zurückkehrten. Doch in wie glänzenden Vermögensverhältnissen sich auch diese Meister der darstellenden Kunst, die sich jetzt zur Ruhe gesetzt haben, befinden mögen: einen Luxus wie die großen Schauspieler des alten Roms werden sie sich nicht gestatten dürfen. Der tragische Schauspieler Aesopus soll eine Schüssel besessen haben, welche gegen 18000 Mark wert war und in welcher er seinen Gästen lauter Singvögel auftischte, die durch Gesang oder Nachahmung der menschlichen Stimme bekannt sind und die er einzeln zu ungeheuren Preisen zusammengekauft hatte, nicht als besondere Leckerbissen, sondern um sich diese Konkurrenz aus dem Tierreiche vom Halse zu schaffen. Der Sohn des Aesopus, Clodius, war ein so reicher Erbe, daß er dem Vorgang der Kleopatra nachfolgen konnte und die Perlen aus dem Ohrgehänge seiner Metella, Perlen von unschätzbarem Werte in Essig aufgelöst, seinen Gästen zum Nachtisch kredenzte. †      

Eine schweigsame Dame. In einem nach dem Indischen bearbeiteten Märchen wird von einer Göttertochter Naran-Doger erzählt, die sich in einer Grotte tiefer Meditation ergiebt. Wer sie veranlaßt, zweimal zu sprechen, der gewinnt sie zur Gattin. Merkwürdigerweise gelang es 500 Königssöhnen nicht, die Göttertochter zu zweimaligem Sprechen zu bringen – und sie mußte in der Gefangenschaft dafür büßen. †      

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 804_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0804_d.jpg&oldid=- (Version vom 21.2.2023)