Seite:Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 2 Bd. 35 (1891) 18.jpg

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999sie unter anderm: „Ich bitte dich, Theuerster, ich bitte dich, rede den heiligsten Priester so an: Durch meine Willfährigkeit nimm hin, o Priester Gottes, die geringen Gaben, die dir übersendet Adalheida, die Magd der Knechte Gottes, Sünderin durch sich, durch Gottes Gnade Kaiserin. Nimm an einen Theil vom Mantel meines einzigen Sohnes, des Kaisers Otto, und bitte für ihn zu dem, mit welchem du dein Kleid getheilt und den du im Armen bekleidet hast, zu Christus.“ An demselben Tage, an welchem sie obengenannten Ort verlassen wollte, und zu derselbigen Stunde gab sie im Beisein von uns Sündern ein Beispiel vollkommener Demuth, und zeigte nicht mit Eitelkeit, sondern demuthsvoll, daß sie mit prophetischem Geiste begabt sei.

19. Es befand sich dort ein Mönch[1] in ihrer Gegenwart, der, wenn auch nicht würdig, Abt genannt zu werden, bei ihr doch in einigem Ansehen stand. Als sie nun gegenseitig ihrer ansichtig wurden, fingen beide bitterlich an zu weinen. Ich möchte sagen, sie habe mehr gethan, als wenn ich sagen könnte, sie hätte viele Kranke geheilt, denn voll Demuth ergriff sie das grobe Kleid, das er trug, drückte es an ihre heiligsten Augen, und unter Küssen an ihr holdseliges Antlitz und sagte ihm demüthig und insgeheim: „O Sohn, gedenke meiner in deinen Betrachtungen, und wisse, daß ich mit leiblichen Augen dich nicht mehr schauen werde. Denn wenn ich diese Welt verlassen habe, empfehle ich meine Seele den Gebeten der Brüder.“ Auf demselben Wege, auf dem sie gekommen war, begab sie sich von da zu dem Orte[2], wo sie nach Anweisung Gottes beschlossen hatte, sich ihr Grab zu besorgen.

20. Gerade am Ziel ihres Erdenlaufes suchte sie nach Kräften sich über sich selbst zu erheben, damit sie mit Hintansetzung


  1. Odilo selbst.
  2. Seltz.