Seite:Die Verfassung der Republik Estland (1937) Seite 15.jpg

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§ 14. Die Gewissens- und Glaubensfreiheit ist gewährleistet.

Die Zugehörigkeit zu Kirchen und Religionsgemeinschaften ist unbehindert.

Den größeren Kirchen können durch Gesetz öffentlich-rechtliche Grundlagen gewährt werden. Es gibt keine Staatskirche.

Die Ausübung religiöser Handlungen ist unbehindert, soweit hierdurch die öffentliche Ordnung oder die Sittlichkeit nicht beeinträchtigt wird.

Das Glaubensbekenntnis kann nicht als Entschuldigung gelten für die Begehung eines Verbrechens oder für die Nichterfüllung der Bürgerpflichten.

§ 15. Die Gedankenäußerung in Wort, Druck, Schrift, Bild und Plastik ist unbehindert. Diese Freiheit kann zum Schutz der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung, der Sittlichkeit und des guten Rufes des Bürgers durch Gesetz eingeschränkt werden.

Eine Zensur für Druckerzeugnisse gibt es nicht.

§ 16. Das Geheimnis der durch Post, Telegraph, Telephon oder auf einem sonst allgemein üblichen Wege übermittelten Nachrichten und Briefe ist gewährleistet. Ausnahmen können auf den Grundlagen und in der Ordnung, die im Gesetz vorgesehen sind, zur Bekämpfung von Verbrechen gemacht werden.

§ 17. Die Bürger haben das Recht, auf den Grundlagen und in der Ordnung, die im Gesetz vorgesehen sind, Versammlungen abzuhalten, wenn hierdurch die Anforderungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit nicht verletzt werden.

§ 18. Die Bürger haben das Recht, sich auf den Grundlagen und in der Ordnung, die im Gesetz vorgesehen sind, zu kulturellen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen, beruflichen, politischen und sonstigen Vereinen und Verbänden zusammenzuschließen.

Durch Gesetz kann dieses Recht im Interesse der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung und der Sittlichkeit eingeschränkt werden.

§ 19. Jeder Bürger ist berechtigt, die Zugehörigkeit zu seinem Volkstum zu bewahren.

Die näheren Grundlagen der Volkszugehörigkeit werden durch Gesetz bestimmt.

§ 20. Die Angehörigen der völkischen Minderheiten können auf Grund und in der Ordnung des Gesetzes Selbstverwaltungsinstitutionen im Interesse der Kultur und des Fürsorgewesens ins Leben rufen.

§ 21. Die Familie als Grundlage der Erhaltung und des Wachstums des Volkes sowie als Grundlage des staatlichen Lebens steht unter dem Schutze des Staates.

Die Gesetze betreffend die Ehe beruhen auf dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Ehegatten, soweit dies mit dem Gesamtwohl der Familie, mit den Belangen der Nachkommenschaft und mit der gegenseitigen Hilfeleistung vereinbar ist. Die Vermögensverhältnisse der Ehegatten werden durch Gesetz geregelt, wobei der gesetzliche Güterstand die vermögensrechtliche Handlungsfreiheit eines der Ehegatten nicht einschränken kann.

Durch Gesetz wird der Schutz der Mütter und Kinder geregelt. Für kinderreiche Familien wird besonders gesorgt.