Seite:Die Verfassung der Republik Estland (1937) Seite 17.jpg

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§ 28. Die Fürsorge für einen Hilfsbedürftigen liegt vor allem seinen Familienangehörigen ob.

Auf Grund des Gesetzes wird die Hilfeleistung an die Bürger für den Fall des Alters, der Arbeitsunfähigkeit oder der Not auf dem Wege der sozialen Versicherung oder der Wohlfahrtspflege geregelt. Die freiwillige Wohlfahrtspflege wird begünstigt.

Arbeitsscheue, Personen, die als Familienangehörige ihre Fürsorgepflicht nicht erfüllen, und gesellschaftsschädliche Hilfsbedürftige können auf Grund des Gesetzes unter Zwangsfürsorge gestellt werden.

§ 29. Niemandem können öffentliche Abgaben oder Lasten anders als auf Grund des Gesetzes auferlegt werden.

Niemandem kann auf Kosten des Staates eine Vergütung oder Pension anders als in der gesetzlichen Ordnung zugebilligt werden.

§ 30. Die Bürger haben das Recht, Denkschriften und Eingaben an die zuständigen staatlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Institutionen zu richten. Die juristischen Personen haben dieses Recht im Rahmen ihres Aufgabenbereichs. Der Ausübung dieses Rechtes dürfen keine Merkmale eines Verbrechens eignen.

§ 31. Die Ordnung des Gebrauchs von Fremdsprachen bei der Geschäftsführung in den Gerichten und in sonstigen staatlichen Institutionen wird durch Gesetz bestimmt.

Die Bürger, die einer völkischen Minderheit angehören, können auf den im Gesetz vorgesehenen Grundlagen an Orten, wo die Mehrheit der Einwohner dieser völkischen Minderheit angehört, ihre Sprache im Geschäftsverkehr mit den örtlichen Selbstverwaltungsinstitutionen gebrauchen.

§ 32. Die Ämter in den Institutionen und Unternehmen des Staates und der Selbstverwaltungen werden auf den Grundlagen und in der Ordnung, die im Gesetz vorgesehen sind, mit Bürgern besetzt, die über dem betreffenden Amt entsprechende Fähigkeiten und Ausbildung verfügen. Nur auf den im Gesetz bezeichneten Grundlagen können diese Ämter mit Ausländern besetzt werden.

Zur gerichtlichen Belangung von Personen, die im Dienst von Institutionen und Unternehmen des Staates und der Selbstverwaltungen stehen, ist keine vorhergehende Erlaubnis erforderlich.

§ 33. Die Aufzählung der Rechte und Pflichten der Bürger im vorliegenden Hauptstück schließt andere Rechte oder Pflichten, die sich aus dem Sinn der Verfassung ergeben oder mit der Verfassung in Einklang stehen, nicht aus.


III. Hauptstück.
Das Volk.

§ 34. Die höchste Staatsgewalt übt das Estnische Volk durch seine stimmberechtigten Bürger aus.

§ 35. Das Volk übt die Staatsgewalt aus:

1) durch die Wahl des Präsidenten der Republik auf Grund des § 40;

2) durch die Wahl der Abgeordnetenkammer;