Seite:Die deutsche Art in Luther 11.png

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anspruchsvolle Blässe und den Duft exotischen Balsams hat, mißachtet wird, so ist das ein Undank, der ihm nicht schadet, wohl aber denen, die seiner sich schuldig machen.

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 Wo Treue und Keuschheit die Säulen des Himmels sind, der über Haus und Feld und Kirche sich breitet, da mögen auch die lichten Silberwolken des Humors freundlich heraufziehen, der ein heilsames Gegengewicht gegen den niederdrückenden Ernst bildet, welcher den Himmel verdüstert und die Erde veröden heißt. In seinen schwersten Tagen auf der Wartburg hat Luther mit goldenem Humor des Feindes gespottet, „der über seine Haselnüsse wollte“ und ihm den ganzen Hohn gezeigt; denn Hohn und Freude mag der traurige Geist nicht leiden. Auf der Coburg sind ihm die Dohlen ein Bild des Reichstags, wie sie streiten und köken zum Kampf gegen die Malztürken und zur Ehre des Kaisers. Er sieht die Wolken mit saurem Angesicht vorüberziehen und den Regenbogen aufsteigen und das Himmelsgewölbe halten, obgleich keine Säule es stützt. Er schreibt der ganzen evangelischen Jugend den herrlichen Brief von Himmelsgarten, von seinen Spillingen und goldenen Pfeilen, von seinen Spielen und Reigen. Er schreibt die Klageschrift gegen seinen alten Wolf Sieberger, über den die Finken und Amseln sich beschweren und ermahnt Meister Peter den Barbier, ihn herrlich zu schmücken und jung zu machen, damit der päpstliche Legat nicht einen alten Martinus sehe, sondern einen Reisigen und Freudigen, der noch viel ausrichten kann. Sein Humor läßt ihn über die alte Wiedertäuferin, die Saale und ihr großes Gesött spotten, seines graeculus Melanchthon lachen, bei dem der Glaube ein Nichtzweifeln an dem, was man sieht, sei, in gutmütiger Ironie spottet er über sich selbst, über den einäugigen kahlköpfigen Doktor, aber dann leuchtet wieder des Gemüt hervor, wenn er sich freut, „des Hauses Spitzen zu sehen beim Wiederweg und Heimgang“ wie die Kindlein ihm ihren Jahrmarkt bringen, wie sie scherzen und spielen und die Eltern sorgen lassen. – Napoleon I. hat einmal das unübersetzbare Wort Gemüt dahin erklärt: „voila l’esprit Allemand“. Diese große Gemütsinnigkeit macht Luther so wert, bringt ihn menschlich nahe. „Großer Mann“ ruft Carlyle

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Die deutsche Art in Luther. ohne Verlag, 1910, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutsche_Art_in_Luther_11.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)