Seite:Dillenius Weinsberg 102.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

d) Stadt und Burg unter östreichischer Herrschaft. 1520–1534.

Seit im Jahre 1517 die ersten Strahlen der Reformation von Wittenberg ausgegangen, fielen ihr immer mehrere junge Theologen zu; darunter der aus der Geschichte der Reformation rühmlichst bekannte Theologe, Dr. Erhard Schnepf, ein geborener Heilbronner, welcher sich von der hohen Schule Heidelberg, wo er zuerst Jura studirte und erst später zur Theologie auf Bitten seiner Mutter überging, in seine Vaterstadt Heilbronn zurückbegab und

1522 evangelischer Prediger in Weinsberg wurde, bis er von der östreichischen Landesregierung vertrieben und von dem Freiherrn Dietrich von Gemmingen als evangel. Prediger in Guttenberg angestellt wurde. 1525 kam er in die freie Reichsstadt Wimpfen, 2 Jahre später als Prediger nach Nassau-Weilburg. Von Marburg, wo er Professor der Theologie war, berief ihn Herzog Ulrich 1535 als General-Superintendent aller Kirchen des Herzogthums und Hospitalprediger nach Stuttgart, wo er das sogen. Unterland zu reformiren anfing. 1543 wurde er Professor der Theologie in Tübingen und Inspector des theolog. Stifts. Als Gegner des Interims legte er sein Amt nieder und starb in Jena 1558 als Professor der Theologie.

Sein Nachfolger war Johann Gailing v. Ilsfeld, 1530–48, geflüchtet 1548 nach Löwenstein. † als Stadtpfarrer in Groß-Bottwar 1559.

Eine trübere Ostern- und Himmelfahrtswoche hat noch keine Stadt Württembergs gesehen, als Weinsberg im Jahre 1525, dem Jahre des großen Bauernkrieges *)[1].

Der im Hegau und Allgäu ausgebrochene Aufstand hatte sich, weil Noth und Druck überall gleich waren, mit unbegreiflicher Schnelligkeit nach allen Seiten verbreitet. Vom Kloster Schönthal her, wo sich die einzelnen Haufen und Fähnlein in den „Hellen Haufen des Odenwaldes und (unteren) Neckarthales“ vereiniget hatten, unter Anschluß der Aufständischen aus den Bisthümern Mainz und Würzburg, aus der Pfalz und dem Rothenburgischen, zog dieser Helle Haufen durch’s Hohenlohesche, angeführt von Georg Mezler, einem Wirth aus Ballenberg im Churmainzischen, der zum obersten Hauptmann erwählt worden war.

Florian Geyer von Geyersberg, welcher den Rittermantel abgelegt hatte und freiwillig zu den Bauern getreten war, früher in Diensten des schwäbischen Bundes, führte einen eigenen, kriegerisch geübten Haufen, die sogenannte schwarze Schaar. Jäcklein Rohrbach, Wirth zu Böckingen bei Heilbronn, zog ihnen mit deutschordenschen und Neckarthalbauern zu.

Von Öhringen ging eine Abtheilung von 400 Mann zunächst nach dem Frauenkloster Lichtenstern, das, weil der Convent geflohen war, geplündert wurde, und von da nach Löwenstein, um die dortigen beiden Grafen zum Eintritt in die „christliche Brüderschaft“ zu zwingen.

Der Helle Haufen zog in’s Weinsberger Thal und verstärkte sich mit den Bauern der Dörfer dieses Thals. Der Punkt, den er zunächst in’s Auge faßte, war das deutschorden’sche Städtchen Neckarsulm.

An Weinsberg wurde (am 18. April) vorübergezogen, ohne es anzugreifen.


  1. *) Nach Zimmermanns allg. Gesch. des großen Bauernkriegs II.