Seite:Dillenius Weinsberg 104.png

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Übrigens hatten Graf Helfenstein und die anderen Ritter, schon als sie von Stuttgart nach Weinsberg hinabritten, alle Bauern, die ihnen unterwegs begegneten, aufgegriffen und erwürgt *)[1].

Bei seiner Ankunft im Weinsberger Thal fand der Graf, daß bereits, mit Ausnahme von Eberstadt, alle Dörfer des Amts dem Hellen Haufen zugefallen waren.

Als die Bauern – am Charfreitag 14. April – von Lichtenstern nach Neckarsulm zogen, forderten sie Weinsberg und die Ritter darin auf, in ihre christliche Brüderschaft zu treten. Während der Graf mit ihnen unterhandelte, um Zeit zu gewinnen, bis die erwartete Hilfe von Stuttgart käme, unterließ er es dennoch nicht, mit seinen Reitern „den ganzen Tag über ob den Bauern zu halten und ihnen Abbruch zu thun, so viel ihm immer möglich war“ **)[2]. Er that sich aus Weinsberg, fiel hinten in den Haufen in den Nachtrab, erstach und beschädigte ihnen Viele, wodurch der Helle Haufen erzürnt und bewegt wurde ***)[3].

Zugleich kam Botschaft von der Donau, wie der Truchseß gegen die gefangenen Bauern blutig verfahren, von der Hinrichtung Meister Jakob Wehes zu Laipheim, von dem Blutbad, das er die Donau hinauf unter ihren Brüdern angerichtet habe, von dem Blutdurst, den er überall gegen die Bauern zeige. Das Alles war Öl in’s Feuer. Die Hauptleute der Bauern betrachteten ihre Sache als einen gerechten Krieg des Volkes gegen ihre Herren. Sie wollten auf dem Kriegsfuß behandelt sein nach Kriegsrecht und Art. Weder der Truchseß, noch Graf Helfenstein, der während der Unterhandlungen ihre Brüder niederstach, achteten das Kriegsrecht gegen sie, die Bauern. Es schien nöthig, die Herren dazu zu zwingen, zu zwingen durch Repressalien, die zugleich eine Blutrache für den frommen Wehe, für die hingerichteten Hauptleute ihrer Brüder zu Laipheim und Langenau, für die Hingeschlachteten von Wurzach, für die soeben auf dem Zug durch’s Weinsberger Thal während des Unterhandelns Erstochenen wäre.

Es war Verhängniß, daß Graf Helfenstein und Dieterich von Weiler, der Obervogt von Bottwar, der mit ihm in Weinsberg befehligte, diese Blutrache selbst auf sich herbeiziehen sollten.

Die Bauern, in zorniger Bewegung auf den grünen Wiesen vor Neckarsulm, schickten am Charfreitag Abends ein Schreiben nach Weinsberg, das an den Bürgermeister der Stadt und an den Obervogt Helfenstein gerichtet war; ohne Zweifel ein Ultimatum der Bauern. Der Graf hatte den Hintersaßen seines Amts in’s Bauernlager die Drohung geschickt: wenn sie nicht heimzögen, so wolle er ihnen ihre Weiber und Kinder nachschicken und ihre Dörfer verbrennen. Hanns Koberer von Bretzfeld erfuhr, daß der Graf solches dem Hauptmann der Weinsberger Fähnlein geschrieben; er kam zu den Bauern im Lager unter den Weiden, wie sie aßen und


  1. *) Bericht des Archivars Rüttel in der Helfenst. Chronik von Gabelkofer. Handschr. im Stuttg. Staatsarchiv.
  2. **) Eigenes Schreiben des Grafen an die Stuttg. Regierung.
  3. ***) Thomas Zweifel. Msc. bei Bensen.