Seite:Dillenius Weinsberg 107.png

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Rittersmann mit solchen „Roßmucken“ verhandeln wollte. Mit Kugeln sich mit ihnen zu besprechen, seie das einzige Würdige und Gescheidte. Auf seinen Befehl wurde von der Mauer und dem Thorhause herab auf die Gesandten der Bauern gefeuert. Einer derselben stürzte schwer verwundet nieder, raffte sich aber blutend auf und lief mit dem Anderen, was sie konnten, dem Schemelsberg zu. Dietrich von Weiler freute sich des Laufens – er glaubte aus der Bewegung auf dem Berge schließen zu dürfen, daß eine solche Energie den Bauern imponirt habe. „Lieben Freunde! rief er, sie kommen nicht; sie wollten uns nur also schröcken und meinen, wir hätten vom Hasen das Herz.“

Anders dachte der mit dem Grafen herbeigekommene Bürgermeister Pretzel. Er äußerte dem Grafen die Besorgniß, daß es den Bauern, wenn sie, was jetzt wahrscheinlich seie, mit aller Macht heranrücken, eben doch gelingen möchte, durch die Thore einzudringen. Man solle das untere Thor verterrassen und dazu aus dem nahen Spital Fässer und Mist schnell herbeischaffen. Aber der Graf meinte: dadurch würde den pfälzischen Reitern unter dem Marschall von Habern, die er stündlich erwarte, der Weg versperrt; weßhalb er es nicht zugab. Auch er glaubte nicht an den Ernst der Bauern *)[1].

Während der Verhandlung, die sie von ihren Gesandten erwarteten, standen die Bauern in 3 Haufen ruhig, aber in Schlachtordnung; voran Florian Geyer mit der schwarzen Schaar; hinter ihm ein zweiter Haufen –; die größere Zahl hielt noch gegen Erlenbach und Binswangen hin. Die Schüsse von der Mauer und dem Thorhaus, welche Einen der Gesandten blutig niederwarfen, waren das Signal.

Auf Einmal bewegte sich Florian Geyer mit der schwarzen Schaar gegen den Burgberg; der Haufen hinter ihm eilte vor die Stadt hinab; der noch gegen Erlenbach stehende große Haufen kam im Sturmschritt nach. Die schwarze Hofmännin, eine alte Hexe aus Böckingen, sprach den Zaubersegen über die Bauern, daß die feindlichen Büchsen ihnen nicht schaden.

Während das Schloß angerannt wurde, ergoßen sich die Haufen um die Stadt und der erste Angriff geschah auf das untere Thor, welchem sich die Bauern vom Siechenhaus her in einem Hohlweg mit Leitern und Büchsen genähert hatten.

Die Bürger in der Stadt hielten sich wohl mit dem Grafen **)[2]. Bürger und Reisige wetteiferten auf der Mauer. Vom Schloß, wie von den Mauern und Wehren der Stadt wurde ein lebhaftes Feuer aus den Schießlöchern unterhalten und ein heftiges Steinwerfen über die Mauern hinab, um die andringenden Bauernfähnlein abzuhalten. Doch wurden nur 3 Bauern von der Stadt aus erlegt, dagegen Viele mehr oder weniger verwundet, was die Wuth der Bauern noch mehr reizte. Sie schwuren den Weinsbergern Mord und Brand zu. Es war Jäcklein, der hier stürmte.

Da gewahrte man plötzlich von der Stadt aus 2 Fahnen auf dem Schloß aufgesteckt. Es waren – Bauernfahnen ***)[3], es waren die Siegeszeichen Florian Geyers und seiner schwarzen Schaar. Diese, meist Bauern der Rothenburger Landwehr, eingelernte Kriegsmänner, die schon mehr dabei gewesen, wo es galt, Mauern zu stürmen und zu brechen, waren mit denen vom Weinsberger Thal im Grünen vor das Schloß gezogen und hatten es in Kurzem erstiegen und erstürmt.


  1. *) Stuttg. Staatsarchiv.
  2. **) Seidler Msc. aus einer Handschrift des Truchseß in der Canzlei zu Wolfegg.
  3. ***) Roth mit einer schwarzen Pflugschaar in der Mitte.