Seite:Dillenius Weinsberg 118.png

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bei den Anordnungen des Grafen durchaus bereitwillig gezeigt, die Obrigkeit auch bei den Vertheidigungsanstalten den größten Eifer bewiesen und der Graf selbst während des Stürmens seine Zufriedenheit bezeugt habe. Nur den obenberührten Zuruf des Grafen, auf welchen sich die Weinsberger zu ihrer Entschuldigung beriefen, wollte Keiner der Zeugen selbst gehört haben. Übrigens meldeten sämmtliche Zeugen, daß die Bürgerschaft, so bereitwillig sie sich auch vor dem Anmarsch der Bauern gezeigt, bei der großen Überlegenheit des Feindes und der nutzlosen Gegenwehr durch die Drohung der Bauern ganz entmuthigt worden seie und man die Ritter und Reisigen deßwegen nicht mehr zum oberen Thor hinausgelassen habe, weil sich die Bürger nur um so mehr der größten Wuth der Bauern ausgesetzt haben würden.

In einer anderen Eingabe sagen die unglücklichen Weinsberger: „wir könnten mit Gott und dem Grafen seeliger beweisen, daß wir zu der jämmerlichen Handlung, so sie an dem Grafen und denen vom Adel begangen, weder Rath noch Hülfe gethan und uns als fromme Biederleute gehalten. Wie auch gemeldt unser gnädiger Graf noch zuletzt beim Friedesschreien zu uns gesagt: wir hätten uns wohl gehalten und den Bauern genug gethan etc. Doch wollen wir hievon ausgeschlossen haben etlich bös unartig Buben, deren unseres Wissens über 8 nicht sind, die unbedacht vor dem Sturm zu den Bauern gefallen. Aber nichts destoweniger sind wir arme Unschuldige leider mit den Schuldigen verbrannt und verderbt; also daß unsere arme Weiber und kleine Kinder wie das Vieh jämmerlich unter freiem Himmel liegen, weder Scheuern noch Häuser haben und wir auch nicht die edeln Früchte, die der Allmächtige auf dem Felde uns verliehen hat, unterbringen und beheimsen können.“ *)[1]

Aber das harte Urtheil gegen die Stadt Weinsberg, daß sie auf ewig vertilgt bleiben solle, war nun einmal gefällt und selbst nach dem obgedachten Zeugenverhöre, wodurch man den Erzherzog auf mildere Gesinnungen zu bringen hoffte, blieb noch mehrere Monate alles Flehen und Bitten, sich auf dem verheerten Brandplatz wieder ansiedeln und neue Wohnungen erbauen zu dürfen, völlig fruchtlos, bis ihnen endlich unterm 17. Nov. 1525, aber unter den schwersten Bedingungen, gegen eine von ihnen ausgestellte Urphede oder Verschreibung gestattet wurde, auf der verwüsteten Stätte sich wenigstens wieder ein Dorf Weinsberg erbauen zu dürfen. Die von den Städten Stuttgart und Tübingen urkundlich gesiegelte, auf Pergament ausgefertigte Original-Verschreibung und Urphede der Weinsberger vom 17. Nov. (im Stuttg. Archiv) enthält die harten Bedingungen, denen sich dieselbe für die erhaltene Erlaubniß unterziehen **)[2].

Alle jährlichen Gefälle und sonstiges Einkommen, so bisher der Stadt Weinsberg und in derselbigen gemeinen Seckel gedient, sollte von nun an dem Regenten und dessen Kammer gereicht werden. Alle Bürger von Weinsberg sollten aller und jeder Ämter zu tragen und zu versehen untauglich sein, ausgenommen die unschuldig erfundenen Keller Binder, Stadtschultheiß Schnabel und Stadtschreiber Rößlin, so wie diejenige, welche zur Zeit der Unthat nicht allda wohnhaft gewesen, sondern erst nach derselben dahin zogen waren, oder noch ziehen werden. Alle Freiheiten und Stadtrechte, die sie vor dieser Zeit gehabt, sollen ihnen entzogen und genommen sein, also daß fürderhin Weinsberg ein Dorf seie, also geheissen und gehalten und nit anders verwart – dazu die Zwinger, Gräben, so bisher um die Stadt gegangen,


  1. *) Kerner im oben angef. Schriftchen p. 20.
  2. **) Günzler im obenber. archival. Aufsatz.