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ganzen Land unter einer Centralleitung, an deren Spitze sie trat, durch Beschäftigung und Speisung der Armen, durch Sorge für die Erziehung armer Kinder, durch Gründung von Industrieschulen u. s. w.

Am 17. April wurde eine eigene Commission zu Ankauf ausländischer Früchte niedergesetzt.

Aus Veranlassung der Centralleitung wurde auch hier eine Kinder-Industrieschule und eine ausgezeichnete Suppenanstalt auf öffentliche Kosten errichtet, welche letztere ihren Sitz in einem Hause an der Bleiche hatte.

Berechnung der Kosten für täglich 100 Portionen Suppe auf 25 Wochen circa 1872 fl. – Berechnung der Kosten der zugleich errichteten Spinnanstalt: Einkauf von 281 Pfd. Hanf, 50 Pfd. Flachs; Spinnerlohn für Hanf 20 kr., für Flachs 28 kr., 304 fl. – Zugleich wurde eine öffentliche Backanstalt errichtet und der Antheil daran nach 3 Klassen folgenderweise bestimmt: Kl. I. erhielt den 8pfündigen Laib Brod à 1 fl. gegen 36 kr. baar, 24 kr. auf Rechnung, 39 Pers.; Kl. II. erhielt den 8pfündigen Laib Brod à 1 fl. gegen 24 kr. baar, 36 kr. auf Rechnung, 80 Pers.; Kl. III., 11 ganz arme Personen, erhielt einen oder ½ Laib ganz frei.

Die Regierung öffnete ihre Kästen und verkaufte den Schffl. Dinkel zu 10–12 fl. Schon im Mai wurden dem Oberamtsbezirk bei dem Cameralamt Heilbronn an sog. Sustentationsfrüchten angewiesen 11 Schffl. Kernen, 29 Schffl. Waizen, wovon die Stadt erhielt 11 Schffl. Kernen, 9 Schffl. Waitzen; sodann bei dem Cameralamt Vaihingen: 10 Schffl. Roggen und 110 Schffl. Dinkel; endlich bei dem Cameralamt Weinsberg: 15 Schffl. Roggen, 70 Schffl. Dinkel. Noch wurden von der Privatgesellschaft in Heilbronn erkauft: 100 Schffl. Waitzen. (Stdt. Prot.)

Die Preise der Lebensmittel wurden im Juni d. J., wo der Scheffel Dinkel auf 35 fl., der Kernen (zu Lauffen) auf 80 fl. gestiegen war, officiell folgendermaßen taxirt und durften nicht höher verkauft werden, als:

1 Scheffel Dinkel im Haus zu 14 fl. auf dem Markt 16 fl.
1
Roggen und Gerste
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24 fl.
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27 fl.
1
Kernen und Waizen
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38 fl.
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42 fl.
1
Haber
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10 fl.
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12 fl.
1
Simri
Erbsen, Linsen etc.
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4 fl.
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5 fl.
1
Kartoffel
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2 fl.
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2 fl. 30 kr.

Die besonders reiche Kartoffelerndte dieses Jahrs machte im September die Fruchtpreise sinken. Fruchtpreise an Lichtmeß 1 Scheffel Dinkel 11 fl. 10 kr., Roggen 24 fl., an Martini 1 Schffl. Dinkel 9 fl. 53 kr., Roggen 23 fl., Mittelpr. Gerste 18 fl. 28 kr. – Der Ertrag des Herbstes war gering; das Gewächs, wenn auch nicht gut, doch wenigstens trinkbar. Weinrechnung in Weinsberg I. Kl. 60 fl., III. Kl. 50 fl. Sonstiger Weinpreis 70 fl. – Niederste Temperatur im Dec. − 9 °. Höchste im Juni + 25 °. Eistage 52. Sommertage 39. – Außerordentliche Überschwemmung gegen Ende Mais, so stark wie im October 1778.

Am 23. Juli wurde endlich der erste Erndtewagen am Stadtthor von der Bürgerschaft und der gesammten, mit Blumen bekränzten Schuljugend empfangen und unter Musik und religiösem Gesang vor das Rathhaus begleitet, wo Dekan M. Heyd eine feierliche Dankrede hielt und die Gemeinde ein fröhliches „Nun danket Alle Gott“ anstimmte. In einem wegen der vorjährigen Noth unbesäeten Felde war ein reicher Segen aus Demjenigen aufgewachsen, was in der vorigen nassen Erndte ausgefallen und auf dem Boden zurückgeblieben war, in ungewöhnlicher Körnerfülle.