Seite:Epple keller 07.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit ihm, nahm, innig dankend, das Geiglein in Empfang, verbarg es unter meinem Rock und eilte nach Hause. Die Mutter war gerade in der Küche und ich zeigte ihr meine Errungenschaft. Ein entsprechend kleiner Bogen war auch dabei. Auch ihre Freude war groß über den goldenen Schatz. Ich ließ denselben einstweilen bei ihr und trat, ohne mir etwas anmerken zu lassen, ins Zimmer, wo der Knabe gerade mit Zeichnen von Formen beschäftigt war. Er erzählte mir gleich, die Magd habe ihn in die 3. Knabenklasse der Elementarschule getragen. Dort habe er ein mit Kreide auf die große Tafel geschriebenes 4silbiges Wort, das ein 12jähriger fauler Schüler nicht herausbuchstabieren konnte, ohne Anstoß gelesen und dafür vom Lehrer einen Kreuzer geschenkt bekommen. Er erzählte mir weiter, die Tafel habe in der Mitte einen Riß, und so oft der Lehrer mit der Kreide beim Schreiben an diesen Riß gekommen sei, wäre ein mehlartiger Staub weggefallen, der den unteren Theil der Tafel und den Fußboden bedecke. Darüber hätte er angefangen zu lachen und dem Lehrer gesagt: „Sie sind ein Schullehrer und ein Müller zugleich, da Sie Buchstaben und Mehl miteinander machen können.“ Darauf habe der Lehrer auch gelacht. Mich freute seine kindliche Erzählung sehr; ich gab ihm ebenfalls einen Kreuzer und sagte:

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_07.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)