Seite:Epple keller 35.jpg

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Die Mutter des Kleinen besuchte dann eine Jugendfreundin namens Reuschle, welche eine sehr geschickte Arbeiterin im Sticken, Flechten u. s. w. war und mehreren Hoffräulein der verwitweten Königin-Mutter Unterricht ertheilte. Dieser Freundin nun erzählte die Mutter, daß wir zu einem Vetter reisen, um ihm auf seinen Wunsch den Kleinen vorzustellen und welche glücklichen Aussichten derselbe durch die Huld des Königs habe. Da es gerade an der Zeit war, daß die Freundin zur Stunde bei einem Hoffräulein mußte, so schieden Beide mit dem Versprechen, am Abend zusammen zu kommen. Durch die Freundin erfuhr nun auch die Kammerdame der Königin, daß der kleine Knabe aus Gmünd hier sei, von dessen Talent die Kunde schon hierher gedrungen war. Die Nachricht gelangte zu den Ohren der Königin selbst, und Allerhöchstdieselben befahlen, daß der Kleine bei Hof sich im Violinspiel und Deklamieren hören lassen solle. – Der Wille Ihrer Majestät wurde uns durch einen Hofbediensteten kundgethan und uns befohlen, daß wir uns bis abends 8 Uhr im Schloß einfinden sollten. Der Kleine war darüber voll Freude und konnte kaum die Stunde erwarten, die ihn mit seinem Geiglein ins Schloß rief. Um 3/4 8 Uhr stellten wir uns ein, Eduard, Herr Lehrer Horn, Stabstrompeter Herrmann von der Artillerie und ich. Um 8 Uhr wurden wir in den Saal geführt, woselbst Ihre Majestät die Königin mit dem

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Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_35.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)