Seite:Erinnerung an die Enthüllung des Gabelsberger-Denkmals 13.jpg

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glücklicher sein könnte, wenn diese Ergänzung eine geplante und verabredete, statt einer zufälligen und unabsichtlichen wäre. Herr v. Widemayer sprach:

Hochverehrte Festversammlung! Das Bild eines großen und edlen Sohnes der Stadt München, den wir vor 41 Jahren aus dem Leben hinscheiden sahen, ist in diesem herrlichen Denkmal durch Münchens Kunst neu unter uns auferstanden. Die Gestalt, welche sinnend und forschend auf uns niederschaut, ist einst bescheiden und einfach und viel verkannt durchs Leben gegangen. Aber von den manchen Großen, welche Gabelsbergers Bedeutung nicht erfaßt, ist mancher klein geworden vor dem Richterstuhl der Geschichte. Der einfache Mann aber ist in die Halle der Unsterblichen eingetreten (Bravo). Der enge Kreis, der sein Leben begrenzte, hat sich nach und nach erweitert über alle Länder der Erde. Und wir Münchener, wir Bayern und wir Deutsche nennen ihn mit Recht den Unsrigen. Aber was er erdacht und was er geschaffen hat, das gehört der ganzen gebildeten Welt zum Eigenthume an. (Bravo.) Darum sind Sie in dankbarer Verehrung aus allen Völkern zusammen getreten und haben dieses Denkmal bauen lassen, und Sie sind heute zu uns gekommen, um uns die Hand zu reichen im dankbaren Aufblick zu dem großen Mitbürger und haben uns das Denkmal zum Eigenthum übergeben. Franz Xaver Gabelsberger, der auch der Schrift geflügelte Worte verlieh, hat seine Kunst auf Gesetze gegründet, welche sie allen Sprachen dienstbar macht. Er hat damit dem menschlichen Erkennen und dem praktischen Bedürfniß, er hat dem Geiste und der Wahrheit und der Freiheit unschätzbare Werkzeuge geschaffen. Seine Kunst ist ein bedeutsames Element der Kulturgeschichte. Und der einfache Mann, der unter Enttäuschung und Verkennung, aber mit nie ermüdendem Muth seine Kunst ersonnen und weiter entwickelt hat, er ist der Förderer des geistigen Fortschritts und der Vater der geistigen Gemeinschaft der Völker geworden. Die Welt hat ihm nicht vergolten, was er ihr gegeben hat, aber ich denke, die theuren Familienangehörigen Gabelsbergers werden stolz darauf sein, zu sehen, was der Kunst des theuren Vaters und Großvaters und Urgroßvaters gelungen ist, daß sie ein Gemeingut der Völker geworden ist, und daß der Dank der Städte und der Völker sich an die Stufen seines Denkmals drängt. Ich danke Ihnen, meine hochverehrten Herren, den Vertretern der edlen Gemeinschaft, welche uns dieses Denkmal übergeben hat, ich danke im Namen der Stadt München, ich danke Ihnen für die Kraft und die Geduld und die Liebe, welche Sie diesem Werke gewidmet haben und ich übernehme im Namen der Vaterstadt Gabelsbergers dieses Denkmal als ein theures Gut, für dessen Pflege und Erhaltung wir Ihnen Rechenschaft abzulegen haben und der ganzen gebildeten Welt verantwortlich sind. Ich übernehme es als das Zeichen des Sieges eines großen Gedankens, als das Zeichen der Hoffnung auf die unzerstörbare Kraft des Guten und Echten, als ein Zeichen der von Jahr zu Jahr sich mehrenden Gemeinschaft der Völker in der Veredlung des Geistes und in der Erweiterung der menschlichen Wohlfahrt. Und wenn ich dieses Denkmal im Namen der Stadt München zu treuer Hut übernehme, so möchte ich und die Stadt München mit Ihnen verbunden bleiben in der Bewunderung dieses Mannes, in der Förderung seiner Kunst und in der treuen Pflege aller menschenwürdigen Werke von Stadt zu Stadt, von Volk zu Volk, von Jahrhundert zu Jahrhundert. Das walte Gott!

Nachdem der Sprecher unter stürmischem Beifall geendet, legte er einen mächtigen, mit den ernsten Farben der bayrischen Königsstadt, Schwarz-Gelb, geschmückten Lorbeerkranz am Fuße des Monumentes nieder und eröffnete damit den schier endlosen Reigen der Kranzspenden, dessen Verzeichnis ermüden müßte und doch nicht vollständig sein könnte, da so mancher Verein und so manche Körperschaft darauf verzichtete, die Geduld der ohnehin dem Sonnenbrand fast erliegenden Festversammlung durch Versicherungen und Gelübde zu ermüden, deren Familienähnlichkeit nur ihrer Selbstverständlichkeit gleichkam. Einen tieferen Eindruck erzielten eigentlich nur Noske für die Schwester-Stadt Wien und den dortigen Central-Verein, da Wien den nächsten Stenographentag in seinen Mauern sehen wird, der Vertreter des kgl. sächs. Instituts, Herr Geheimrath Häpe als Vater der vieldiskutirten „Klausel“, der alte Dessau aus Kopenhagen als einer der letzten Schüler des