Seite:Erinnerung an die Enthüllung des Gabelsberger-Denkmals 8.jpg

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Bureau der Kammer und zugleich seinem feinfühligen Biographen, widmete Herr Prior Gratzmüller, der einst sein Studiengenosse war, dankbare, von echtem Gefühl beseelte Worte und trug so eine Schuld ab, auf deren Berichtigung Gabelsberger, wenn er noch unter den Lebenden weilte, gewiß am Lebhaftesten dringen und deren Abtragung ihm eine ernste Herzenssache sein würde.

In diesem Doppel-Akt, auf dessen Arrangement man die wenigste Sorgfalt und Mühe zu verwenden gebraucht hatte, die sogar fast einen Privat- und Familiencharacter trug, wenn anders man es gelten lassen will, daß die Schule als eine große Familie betrachtet werde, gipfelte erklärlicher Weise in gewissem Sinne die ganze Feier. Mußte man doch mit dem Redner der ernsten Stunde gedenken, in welcher vor 41 Jahren die Schüler und Freunde Gabelsbergers das Grab umstanden, das sich eben über ihm geschlossen, und einander mit Hand und Mund versprachen, unermüdlich für die Weiterverbreitung seiner Kunst zu sorgen und treulich über die Reinheit seines Systems zu wachen. Es lag ein eigenthümliches Pathos in dem unwillkürlichen Vergleich zwischen dem Einst und dem Heute, ein Pathos, dem sich Niemand zu entziehen vermochte und das doch auch den ernsten und traurigen Gedanken so viele Elemente gerechten Stolzes beimischte, daß man den stillen Friedhof nur in gehobener Stimmung verlassen konnte. Begeisternder, berauschender, imposanter war die Denkmalsenthüllung mit ihrer blendenden und großartigen Staffage – herzlicher, rührender, inniger war diese Vorfeier am stillen Ort der Todten und wir glauben, daß während derselben endgiltig und innerlich der Stein auf manchen alten, verjährten Zwist gewälzt wurde, den man in den Tagen vorher mehr nur formell und äußerlich begraben hatte.

Theils in stattlicher Auffahrt zu Wagen, theils bescheidentlich zu Fuß drängte und trieb nunmehr Alles dem Denkmal am Ottoplatz zu. Die den Platz vor dem Denkmal flankirenden Tribünen waren bereits dicht besetzt und Kopf an Kopf und Schulter an Schulter umschloß eine erwartungsvolle Menge den spitzzulaufenden Raum, auf welchem die Enthüllungsfeier sich abspielen sollte. Man mußte schon Träger eines Kranzes sein, um Zutritt nach Innen zu finden und in das erste, dem Denkmal am Nächsten stehende Glied zu gelangen, vor welchem später noch eine anmuthige, mit Blumenkörbchen ausgerüstete Ehrengarde weißgekleideter kleiner Mädchen, unter denen sich auch eine Enkelin des Meisters befand, Posto faßte. Diese liebliche Schaar, die zwei langen Glieder kränzetragender Vereinsvertreter, die schweren goldnen Amtsketten der beiden Bürgermeister von München, der reiche Ordensschmuck an Brust und Hals der erschienenen hohen Staatsbeamten, sowie vieler Koriphäen der Schule, die Flaggen, Draperien und Laubgewinde an den umliegenden Häusern – Alles vereinigte sich zu festlicher Wirkung und ließ des Sonnenbrandes vergessen, der manche Stirn mit hellen Schweißperlen bedeckte. Hatte am Grabe Gabelsbergers einer seiner bayrischen Schüler gesprochen, so kam vor dem verhüllten Denkmal ein treuer, bewährter Kämpe für die Sache der Stenographie in den thüringischen Landen, Herr Geh. Regierungsrath Fischer aus Gera, zum Wort und entwarf nach einem