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Vorrede. Beschreibung des Landes. 7


der sogenannte Lim Fjord ein, der so fischreich ist, dass er den Bewohnern des Landes ebensoviel Nahrung liefert, wie der ganze Ackerboden.

An Jütland fügt sich Klein-Friesland an, welches von dem Vorsprunge Jütlands[1] an in eingeschnittener Bucht etwas zurücktritt und zu flacherem Boden sich absenkt; es bietet reichen Fruchtertrag dank der Bewässerung durch den[5] 5 einflutenden Ocean. Ob freilich die gewaltige Flut des Oceans den Bewohnern des Landes mehr Nutzen oder mehr Schaden bringt, ist zweifelhaft; denn oft durchbricht ein starker Sturm die Deiche, mit denen man dort die Fluten des Meeres abfängt, und dann bricht ein solcher Wogenschwall über das flache Land herein, dass er bisweilen nicht allein das bebaute Land, sondern auch die Häuser mit den Menschen überflutet[2].


  1. Blaavands Huk.
  2. Über Klein- (Nord-) Friesland spricht Saxo noch im 8. (S. 2987) und im 14. Buche (S. 46432 bis 46514). Die letztere Stelle lautet: Friesland ist reich an Ackerboden und besitzt eine starke Viehzucht. Es dehnt sich als Flachland unmittelbar am Ocean aus, so dass es bisweilen von seinen Fluten überspült wird. Damit diese nicht einbrechen, ist das ganze Gestade mit einem Damm eingefasst; wenn sie diesen einmal durchbrechen, so überfluten sie die Felder und begraben Ansiedelungen und Saatfelder; denn dort ist kein Ort von Natur höher als der andere. Häufig reissen sie die Ackerkrume bis zu grosser Tiefe los und versetzen sie nach einer andern Stelle; ihren Platz nimmt eine Lache ein; sie wird dann Eigentum dessen, auf dessen Grund und Boden sie abgesetzt wird. Die Überflutung begleitet Fruchtbarkeit, das Land ist überreich an Graswuchs. Die Erdschollen werden gedörrt und damit Salz gewonnen. Im Winter liegt das Land unter beständiger Flut verdeckt, die Felder sehen aus wie ein stehendes Gewässer; so hat denn die Natur es beinahe zweifelhaft gemacht, zu welchem Teile der Erdoberfläche man Friesland zählen soll: in einem Teile des Jahres erlaubt es Schiffahrt, im anderen kann der Pflug dort gehen. Die Einwohner sind von Natur wild, körperlich gewandt, wollen von einer einengenden und schweren Rüstung nichts wissen, haben nur kleine Schilde und kämpfen mit Wurfwaffen. Die Äcker umgeben sie mit Gräben, sie springen mit kleinen Stangen. Ihre Häuser bauen sie auf künstlichen Erderhöhungen. Dass sie von den Friesen herstammen, bezeugt der gleiche Name und die gleiche Sprache; als diese neue Sitze suchten, kam ihnen zufällig dieses Land in den Weg; zunächst war es sumpfig und feucht, in langer Arbeit haben sie es trocken gelegt.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)