Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 033.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
I. Gram. 23

 dessen Tochter Signe die Waffen nieder, wurde aus einem Feinde ein Freier und schloss den Verlobungsvertrag mit ihr, indem er versprach, sich von seiner Gemahlin (Gro) zu scheiden. Als er aber ganz in Anspruch genommen war von einem Norwegischen Kriege, den er gegen den König Swibdagerus wegen der Schändung der Schwester und Tochter unternommen hatte, musste er erfahren, dass die Signe von dem treulosen Sumblus dem Sachsenkönige Heinrich zur Ehe versprochen war; da verliess er, mit grösserer Liebe an dem Mädchen hangend, als an seinen Mannen, das Heer, eilte in aller Stille nach Finnland und kam noch zum Beginne der Hochzeit. Da nahm er ein ganz verschlissenes Kleid und setzte sich bei Tische dahin, wo die niedrigen sassen. Gefragt, was er bringe, gab er sich für einen Arzt aus. Als zuletzt alle von Trunkenheit troffen, da richtete er seinen Blick auf das Mädchen, und mitten unter den Freuden des lärmenden Gastmahls gab er seinen grossen Unwillen kund in folgendem Sange, voll von Verwünschung des Wankelmutes der Weiber und von dem Preise seiner eigenen Grossthaten:

Einst gegen acht schwang ich allein Speere, des Todes Boten,[19] 19
Andere neun schlug mir das Schwert, rasch, das zum Streich gezückte,
Als ich den Suarinus erschlug, weil er in frechem Mute
Würde ergriff, Namen sich gab wider Gebühr: und nachmals

5
Hab’ ich noch oft, blutend von Mord, triefend vom Blut des Feindes

Rot mir gefärbt Eisen des Schwerts; nie hat das Herz gebangt mir,
Nicht bei des Schwerts klirrendem Klang, nicht bei dem Glanz des Helmes.
Jetzt nun in Schmach wirft mich beiseit’ Signe, des Sumblus Tochter,
Anderer Wunsch füllt ihr das Herz, hat sie doch altes Bündnis

10
Frevelnd gelöst, ruchlose Lieb hat sie ins Herz genommen;

Wahrlich, ihr Thun klage ich an weibischen Wankelmutes,
Denn sie verstrickt edelen Mann, lockt ihn und raubt die Ehre,
Hohe Geburt wird ihr voraus Opfer des frevlen Truges,
Keinem verbleibt treu sie und fest, immer nur schwankt sie haltlos,

15
Doppeltes Spiel zweifacher Lieb übt sie in stetem Wechsel.

Und kaum hatte er das Wort gesprochen, da sprang er von seinem Sitze auf und erschlug den Heinrich am geheiligten Tische in den Armen seiner Freunde, riss die Braut mitten aus den Brautjungfern weg und brachte sie, nachdem


Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_033.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)