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52 Zweites Buch.


von den zahmen Vögeln säubern, um nicht die Gefahr eines ähnlichen Schlages auf sich zu laden. Jedoch Frotho war nicht verlegen um eine neue Kriegslist: er vertauschte seine Kleidung mit der von Mägden, trat als eine kampferfahrene Jungfrau auf und ging, nachdem er so die männliche Tracht abgelegt und weibliche angenommen, wie ein Überläufer in die Stadt. Hier erforschte er alles sorgfältig und wies am folgenden Tage durch einen hinausgeschickten Begleiter sein Heer an, vor den Mauern zu erscheinen: die Thore würden durch ihn geöffnet werden. So wurde die Stadt, indem die Wachen überlistet wurden, in Schlaf begraben, überfallen und genommen, und büsste mit ihrem Untergange für das Gefühl der Sicherheit, ins Elend gestürzt weniger durch Tapferkeit der Feinde, als durch eigne Lässigkeit. Denn im Kriege ist nichts verderblicher, als wenn man in träger Ruhe, aller Sorge bar, alle Anspannung der Kräfte aufgiebt und in übergrossem Vertrauen die Hände in den Schoss legt. Als Handwan das Vaterland vollständig verloren sah, brachte er den königlichen Schatz auf Schiffe und versenkte ihn ins tiefe Meer, um lieber die Wogen zu bereichern, als die Feinde; und doch wäre es geratener gewesen, mit Spenden die Gunst der Gegner zu erkaufen, als den Nutzen des Geldes menschlicher Verwendung zu entziehen. Als nunmehr Frotho die Tochter des Handwan durch Gesandte zur Gemahlin begehrte, da liess er ihm sagen, er solle sieh hüten, dass ihn nicht, verführt und verblendet durch das Glück, sein Sieg zur Überhebung verleite; er solle lieber daran denken, Besiegte zu [42] 42schonen und auch an Niedergeworfenen ihre frühere Würde achten; er solle lernen, auch an Elenden ihre vergangene Lage zu schätzen. Er müsse also darauf bedacht sein, nicht den vom Throne zu stürzen, dessen Verwandtschaft er suche, und nicht den in ruhmlose Dürftigkeit zu bringen, den er durch die Vermählung ehren wolle: denn die Würde der Ehe werde er dann durch Begehrlichkeit schmälern. Durch diese freundliche Zusprache gewann er den Sieger als Schwiegersohn und rettete die Unabhängigkeit seines Reiches.

Inzwischen hatte Thorhilda, die Gemahlin des Schwedenkönigs

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_062.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)