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II. Regner. 55

 Aufzuges, für die er die einzige Abhilfe darin erblickte, dass er seine vornehme Herkunft auch ferner verleugnete. Er entgegnete also, dass Knechtschaft nicht immer der [44] 44Mannhaftigkeit bar erfunden werde, dass häufig auch ein schmutziger Rock einer kräftigen Hand Hülle sei, und dass bisweilen eine tapfere Rechte in einem groben Kittel stecke; und so werde der Mangel der Geburt durch Tüchtigkeit getilgt und die Unzulänglichkeit der Herkunft durch den Adel der Gesinnung aufgewogen. So fürchte auch er, den Gott Thor ausgenommen, keine Macht einer gespenstischen Kraft: Thors grosser Macht freilich könne nichts im Himmel und auf Erden sich vergleichen. Auch Larven, die nur durch ihr totenbleiches, hässliches Aussehen schrecken könnten, dürften von einer mannhaften Brust nicht gefürchtet werden; denn ihr Bild, mit nachgeäffter Blässe geschmückt, entleihe doch nur von der dünnen Luft eine kurzdauernde Körperlichkeit. Swanhwit täusche sich also, wenn sie es unternähme, feste Manneskraft wie ein Weiberherz zu erweichen, eine Brust voll Mut, die nur zu siegen gewohnt sei, mit entmutigender Furcht zu erfüllen.

Swanhwit staunte ob der Festigkeit des Mannes, scheuchte den Dunst ihrer nebelhaften Umschattung und liess an die Stelle des Dunkels, das vor ihrem Antlitze lag, durchsichtige Klarheit treten, versprach ihm ein Schwert, das für alle Kämpfe geeignet sei und liess ihm ihren wunderbar schönen jugendlichen Leib in dem überraschenden Glanze der Glieder erscheinen. So gewann sie die Verlobung mit dem leicht entflammten Jünglinge und sang unter Darreichung des Schwertes:

Nimm in dem Schwerte, o Prinz! das die Macht Dir verleiht, zu erlegen
Alle Gespenster, zuerst bräutliche Gabe von mir.
Zeige Dich würdig der Gabe der Braut, mit dem Eisen im Wettstreit
Mühe sich ihrem Gewehr Ehre zu machen die Hand.

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Glimmenden Funken im Herzen entfache das kräftige Eisen,

Lerne das Herz mit der Hand innig vereinet zu stehn.
Gleiche der Träger der Last, dem Schwerte entspreche die Führung,
Gleiches Gewicht in dem Kampf wachse aus beiden Dir zu.
Sage! was nützet der Speer, wenn schwächlich das Herze erschlaffet,

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Was, wenn der Waffe versagt feige die zitternde Hand?
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_065.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)