Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 069.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
II. Frotho. 59

 niedergehauen. Darauf fuhr Frotho mit seiner Flotte den Rhein hinauf und liess die äussersten Striche Germaniens seine Hand fühlen. Dann fuhr er in die Nordsee zurück, griff eine auf Untiefen geratene Flotte der Friesen an, brach die Schiffe, erschlug die Bemannung. Noch nicht genug feindliche Reihen hatte er niedergeworfen: er ging noch nach Britannien. Als er den König dieses Landes besiegt hatte, wandte er sein Schwert gegen Melbricus, einen Befehlshaber im Schottischen Lande. Als er gegen diesen auf dem Marsche war, erfuhr er durch die Kundschafter, dass der König von Britannien ihm auf dem Fusse nachfolge, und da er zu schwach war, zu gleicher Zeit einen Vorstoss zu machen und sich im Rücken zu decken, so rief er seine Leute zusammen und [47] 47eröffnete ihnen, sie müssten die Wagen im Stiche lassen, das Gepäck preisgeben und die goldnen Geräte, die sie mit sich schleppten, hie und da über das Feld verstreut hinwerfen; allein in der Ausstreuung der Schätze biete sich noch Rettung; sie seien eingeschlossen, und es bliebe ihnen keine andere Hilfe mehr, als den Feind zur Habgier von den Waffen weg zu locken. Willig müssten sie die im Auslande erworbene Beute der Notlage zum Opfer bringen; sie würden es erleben, dass der Feind ebenso hastig die aufgelesene Beute wieder wegwerfe, wie er die gefundene aufraffe; sie werde ihm nur eine Last, kein Gewinn sein.

Da trat Torkillus auf, habgieriger, aber auch redegewandter als alle andern und sprach, das Haupt vom Helm entblösst, auf seinen Schild gelehnt: „Dein herbes Gebot, o König, ärgert viele, die das hochhalten, was sie mit ihrem Blute gewonnen haben. Widerwillig giebt man das dahin, was unter grosser Gefahr erworben ist; ungern lässt man im Stiche, was mit Lebensgefahr erkauft ist; denn reiner Wahnwitz ist es das mit männlichem Sinn und Hand Erworbene wie ein Weib wegzuwerfen und dem Feinde ungehoffte Schätze in den Schoss zu legen. Was ist schimpflicher, als schon vor einer Entscheidung durch die Schlacht die Beute, die wir mitführen, missachtend preiszugeben und ein sicheres und greifbares Gut um der Furcht vor einem noch unsicheren Übel willen

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_069.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)