Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 073.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
II. Frotho. 63

 Entferntes zu suchen? Wann werden wir je fremdes Gut uns zur Beute machen, wenn wir unser eigenes zurückweisen? Nie möge ich solche Ungunst der Götter erfahren, dass ich den mit Gold, das vom Vater und Grossvater ererbt ist, angefüllten Schoss dieser so berechtigten Bürde entledigen müsste. Ich kenne der Dänen Hang zur Schwelgerei; niemals hätten sie die Fässer voll Wein im Stiche gelassen, wenn nicht die Furcht sie von hinnen gejagt hätte; eher hätten sie das Leben gelassen, als den Wein; gemein uns beiden ist diese Leidenschaft, hierin sind wir ein Abbild von ihnen. Und – nehmen wir wirklich an, ihre Flucht sei verstellt, so werden sie doch eher den Schotten in die Hände laufen, als sie zurückkommen können. Niemals soll dieses Gold auf dem Felde verrosten unter den Hufen der Schweine und des Wildes, nein! es soll dem Gebrauche von Menschen dienen. Ferner, wenn wir die Beute des Heeres, von dem wir besiegt sind, an uns nehmen, so übertragen wir auf uns das Glück des Siegers. Denn kann man wohl ein zuverlässigeres Vorzeichen des Sieges erhalten, als dass man Beute vor dem Kampfe nimmt, dass man das von den Feinden aufgegebene Lager vor der Schlacht besetzt? Erfreulicher ist es durch Schrecken zu siegen als durchs Schwert.“

Kaum hatte der Mann geendet, da reckten sich aller Hände gierig nach der Beute und rafften das glänzende Erz auf. Mit Staunen hätte man das Treiben gemeiner Habgier sehen können, das Bild wilder Begierde. Man konnte sehen, wie das Gras mit dem Golde ausgerissen wurde, wie in den eigenen Reihen der Briten der Hader aufwuchs, wie sie, ohne an den Feind zu denken, gegen die Mitbürger das Schwert erhoben, wie Verwandtschaft nichts galt, genossenschaftliches Band nicht geachtet wurde, alle nur ihrer Habgier huldigten, auf Freundschaft niemand sah.

Inzwischen hatte Frotho auf weitem Wege den Wald, der Schottland und Britannien trennt, durchzogen und hiess nun seine Leute sich schlagfertig machen. Als aber die [50] 50Schotten seine Mannschaft erblickten und bedachten, dass ihnen nur leichte Speere zur Verfügung standen, die Dänen

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_073.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)