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III. Rorik. 109

 wäre, so setzte er voraus, dass keiner von ihnen noch den Mut haben würde, seine Herausforderung zum Kampfe anzunehmen. Im Vertrauen darauf, dass er durch die Erlegung eines Kämpfers die Kraft des ganzen Heeres erschüttert habe, hielt er nichts, worauf er es nun absehe, für schwierig durchzuführen; denn nichts nährt die Überhebung mehr, als der Erfolg, und keinen wirksameren Anreiz giebt es für den Hochmut als das Glück.

Rorik war ärgerlich darüber, dass durch eines Mannes Frechheit die Tapferkeit aller in Zweifel gestellt werde, und dass den siegberühmten Dänen nicht allein von den einst Überwundenen frech entgegen getreten wurde, sondern sie sogar schimpflich verachtet wurden, dass ferner Niemand so bereiten Sinnes oder so [85] 85tüchtiger Hand in einer so grossen Zahl von Streitern sich finden liesse, dass in ihm der Wunsch erwachte, sein Leben für das Vaterland einzusetzen. Der Schmach dieses schimpflichen Zauderns der Dänen machte erst der hochherzige Sinn Ubbos ein Ende. Er ragte über die andern durch seine Körperkraft empor und verstand sich auch auf Zauberkünste. Auch ihm versprach der König die Armspangen, als er vorsichtig nach dem Lohne für den Kampf fragte. Darauf sagte er: „Wie soll ich dem Versprechen Glauben schenken, da Du selbst das Pfand in der Hand behältst und es nicht in der Hut eines andern niederlegst? Bestimme einen, dem Du das Pfand anvertraust, damit Dir keine Möglichkeit bleibt, Dein Versprechen zurückzuziehen. Denn des Kämpen Mut entfacht die unwiderrufliche Gewissheit des Lohnes.“ Er hatte das selbstverständlich nur im Scherze gesagt, denn ihn hatte allein sein tapferer Sinn dazu angetrieben, das Vaterland vor Schmach zu schützen. Rorik aber meinte, es spreche die Goldgier aus ihm und wollte deshalb, so wie er auf dem Schiffe stand, die Armspangen mit starkem Schwunge dem Forderer zuwerfen: man sollte nicht glauben, dass er gegen königliche Sitte das Geschenk widerrufen und sein Versprechen zurücknehmen könne. Jedoch die grosse Entfernung machte seine Anstrengung unwirksam: die Armspangen fielen, da der Wurf lange nicht

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_119.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)