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112 Drittes Buch.


werde mit dem Leichenbegängnisse begraben. Fern sei von uns die Bethätigung einer so grossen Grausamkeit, dass einer des anderen Asche noch verfolge, mag auch im Leben zwischen uns Hass geherrscht haben. Ein Ruhm wird es für den Sieger sein, wenn er des Besiegten Begängnis prächtig ausrichtet. Denn wer dem gestorbenen Feinde die letzte Ehre erweist, der erwirbt sich die Gunst des Überlebenden, und den Lebenden überwindet durch sein Wohlthun, wer dem Toten Menschlichkeit zu teil werden lässt. Es giebt noch ein anderes nicht weniger trauervolles Unheil, welches zwar das Leben nicht nimmt, aber ein Glied des Körpers vernichtet. Für dieses Unheil müssen wir ebenso bedachtsam, wie für das letzte Geschick, Fürsorge treffen. Oft trifft ja die Kämpfer bei Erhaltung des Lebens ein Verlust an den [87] 87Gliedern: dieses Geschick gilt als schlimmer denn der Tod, weil der Tod die Erinnerung an alles nimmt, der Lebende aber die Verkrüppelung des Leibes immer fühlen muss. Auch dieses Übel müssen wir mit einer Hilfe bedenken. Wir wollen uns also dahin einigen, dass die Verletzung des einen vom andern mit zehn Talent Gold gesühnt werde. Denn wenn es fromm ist, bei fremden Unglücksschlägen Mitgefühl zu zeigen, um wie viel mehr ist es, bei eigenen Erbarmen zu haben? Jeder folgt dem natürlichen Triebe; wer ihm nicht folgt, der wütet gegen sein eignes Fleisch.“

Nachdem sie darauf sich gegenseitig das Wort gegeben, begannen sie den Kampf; weder das Ungewöhnliche ihres Zusammentreffens, noch die Schönheit des frühlingsgrünen Ortes konnte sie davon abbringen, das Schwert zwischen sich entscheiden zu lassen. Horwendill trieb seine innere Glut dazu, mehr den Feind anzugreifen als auf seine Deckung bedacht zu sein, er kümmerte sich nicht um den Schild und hatte das Schwert mit beiden Händen gepackt. Seiner Kühnheit fehlte nicht der Erfolg: er zerschlug dem Koller mit schnellen Hieben den Schild und fällte ihn dann leblos, indem er ihm ein Bein abhieb. Der Abmachung nachkommend liess er ihn mit königlichem Leichenzuge begraben, widmete ihm einen Grabhügel von grossartiger Arbeit und

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_122.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)