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122 Drittes Buch.


über sie, die doch Lob verdienten, den Vorwurf der grössten Schande ausgegossen habe.

Als der König das von dem Trabanten erfuhr, da erklärte er, wer so spräche, der sei entweder klüger als ein gewöhnlicher Sterblicher oder verrückt, indem er mit diesen wenigen Worten eine scharfe Auffassungsgabe bekundete. Er liess darauf den Schaffner holen und fragte ihn, woher er das Brot habe kommen lassen. Als der sagte, es sei vom Hausbäcker hergestellt, forschte er weiter, wo das Getreide zu dem Mehle gewachsen wäre, und ob irgend ein Anzeichen verriete, dass dort ein Mensch erschlagen sei. Der antwortete, in der Nähe läge ein Feld mit alten Knochen von Erschlagenen bedeckt, das noch deutliche Spuren von einem früheren [94] 94Gemetzel sehen lasse; das habe er, weil es mehr Ertrag geben würde als andere Feldstücke, in der Erwartung einer reichen Ernte im Frühjahre mit Saat bestellt. Es sei also wohl möglich, dass das Brot durch jenes Blut einen schlechten Geschmack angenommen habe. Nach dieser Antwort nahm der König an, dass Amleth die Wahrheit gesprochen und forschte nun sorglich weiter, woher der Speck stamme. Der Schaffner erwiderte, seine Schweine seien infolge nachlässiger Bewachung aus ihrem Gewahrsame entkommen und hätten von dem verwesenden Leichname eines Räubers gefressen, und damit habe vielleicht ihr Fleisch einen Geschmack erhalten, der es als verdorben erscheinen lasse. Da der König auch hierin Amleths Wort als wahr erfunden, forschte er, aus welchem Nass er den Trunk gemischt hätte; als er vernahm, dass er nur aus Honig[1] und Wasser hergerichtet sei,


  1. Wie der Fortgang der Erzählung zeigt, ist melle anstatt farre zu lesen. Der König konnte einmal den Grund zu dem Beigeschmacke in dem Wasser suchen; diese Gestaltung der Erzählung ist von Saxo verständlich wiedergegeben. Die Sache konnte aber auch so gestaltet werden, dass der König den Grund in dem Honige suchte; nun hätte Saxo ungefähr so erzählen müssen: „Als der König nachforschte, woher der Honig genommen sei, entdeckte er, dass er von Bienen gekommen, die ihren Bau in einem verrosteten Panzer aufgeschlagen hatten, dass also den Beigeschmack nach Eisen der Honig schon in den Waben angenommen habe.“[123] Diese Ausgestaltung ist bei Saxo ganz verworren gegeben. Durch die Annahme, dass der Text im Anfange lückenhaft sei, gewinnt man zwar die Möglichkeit, als Subjekt zu deprehenderit den König zu erhalten, man wird aber nicht die Ungeheuerlichkeit los, dass die Bienen sich von verwesendem Fleische nähren, und die Entstehung des Eisengeschmacks bleibt unerklärt. Hat Saxo eine lateinisch abgefasste Quelle benutzt und unter dem Einflusse der Geschichte des Simson oder der Bienenentstehung bei Virgil und Ovid pancerea fälschlich durch abdomen wiedergegeben? (Die Übersetzung ist, etwas gezwungen, so gestaltet, dass man nicht nötig hat, anzunehmen, dass Amleth beim Trinken Bienen in seinem Becher gefunden habe; zu dem Zwecke ist apes alitas als acc. c. inf. aufgefasst, entsprechend dem vitium referri abhangend von deprehenderit.)
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_132.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)