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124 Drittes Buch.


nämlich sagte, er habe drei Verstösse, die nach Magdgewohnheit schmeckten, an ihr bemerkt: erstens, dass sie wie eine Magd den Mantel über den Kopf gezogen habe, zweitens, dass sie beim Gehen das Kleid hochgeschürzt, drittens, dass sie die Speisereste in den Zahnlücken mit einem Zahnstocher ausgestochert und dann noch zerkaut und gegessen habe. Er erzählte ihm auch, dass ihre Mutter durch Kriegsgefangenschaft unfrei geworden sei; somit war sie nicht allein der Aufführung nach eine Magd, sondern schon der Herkunft nach.

Seinen tiefen Sinn achtete der König wie einen übermenschlichen Verstand und gab ihm seine Tochter zur Gemahlin; sein Wort betrachtete er als eine Art himmlischen Zeugnisses. Seine Begleiter liess er am nächsten Tage aufhängen, [95] 95um dem Auftrage seines Freundes Fengo nachzukommen. Diese Wohlthat fasste Amleth zum Scheine mit innerer Entrüstung als einen widerrechtlichen Eingriff auf und erhielt Gold vom Könige als Busse; das schmolz er darauf im Feuer und goss es heimlich in ausgehöhlte Stöcke.

Ein Jahr blieb er dort, dann erlangte er die Verabschiedung und ging in die Heimat, indem er nichts aus dem ganzen reichen Schatze des Königs mitnahm, als die goldbergenden Stöcke. Als er Jütland betrat, da vertauschte er das Auftreten in der letzten Zeit wieder mit seiner früheren Aufführung; was er benutzt hatte, um Ehre zu erwerben, das verkehrte er nun wieder mit Fleiss in den Anschein albernen Thuns. Als er den Trinksaal, in dem die Totenfeier für ihn begangen wurde, betrat, mit Schmutz bedeckt, da versetzte er alle in grosses Staunen, dass die Nachricht von seinem Tode nicht wahr gewesen war. Zuletzt löste sich die Bestürzung in Lachen auf, indem die Gäste sich zur Kurzweil einander vorrückten, dass der lebendig vor ihnen stehe, dem sie als verstorben das Totenmahl weihten. Als Amleth nach seinen Begleitern gefragt wurde, da zeigte er seine Stöcke vor und sagte: Da ist der eine und da ist der andere. Ob mit diesen Worten mehr Wahrheit oder mehr Scherz gegeben wurde, ist schwer zu entscheiden; denn das Wort wurde zwar allgemein als Unsinn aufgefasst, entfernte sich aber doch nicht

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_134.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)