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III. Amleth. 125

 von der Wahrheit, da es ja als Ersatz der Gehängten auf die für sie gegebene Busse hinwies. Er gesellte sich zu den Schenken und füllte eifrig die Becher, um die Tischgenossen noch mehr aufzuheitern, und damit seine weiten Kleider ihn beim Gehen nicht hemmten, gürtete er die Hüfte mit dem Schwerte, und dieses Schwert zog er absichtlich hin und wieder aus der Scheide und schnitt sich mit der Schneide in die Finger. Deshalb liessen die Umstehenden das Schwert samt der Scheide mit einem eisernen Nagel durchschlagen. Um seinem Anschlage einen sicheren Weg zu bahnen, füllte er den Herren immer frisch die Becher und liess sie sich gehörig volltrinken, schliesslich hatte er alle so trunken gemacht, dass sie sich taumelnd kaum auf den Füssen halten konnten und in dem Saale sich zur Nachtruhe hinwarfen, so dass sie an demselben Orte ihr Bett hatten, wo sie zu Tische gesessen, hatten. Als er sie so in der rechten Verfassung für seine geheime Absicht sah, glaubte er, dass die Ausführung seines Vorhabens jetzt in seine Hand gegeben sei; da holte er die einst gefertigten Klammern aus seiner Tasche, betrat dann das Gemach, in welchem die vornehmen Herren hie und da auf den Boden gelagert ihren Rausch im Schlafe ausrülpsten, und schnitt die Halter des von der Mutter angefertigten Vorhangs, der eben die inneren Wände des Saales bekleidete, durch und liess ihn so herabfallen. Er warf ihn über die Schnarchenden, und dann knotete er ihn mit Hilfe seiner krummen Hölzer kunstvoll so unentwirrbar zusammen, dass keiner der [96] 96darunter Liegenden dazu kommen konnte, aufzustehen, wenn er sich auch noch so sehr abmühte. Darauf warf er Feuer ins Haus; dieses verbreitete mit immer mehr Flammen den Brand weithin, erfasste den ganzen Palast, verzehrte den Saal und verbrannte alle, wie sie entweder im tiefen Schlafe lagen oder vergebens sich mühten, emporzukommen. Dann ging er in das Schlafgemach des Fengo, der früher von seinem Gefolge dahin geleitet worden war, ergriff dessen Schwert, das am Bette hing und hängte das seinige an dessen Statt hin. Darauf weckte er den Oheim und meldete ihm, dass sein Adel im Feuer umkomme: Amleth

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)