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134 Viertes Buch.


indem er sagte, dass er sehr entzückt sei von der einzig dastehenden Gewandtheit Amleths. Es lebe in Schottland eine Königin, die er gern zur Frau haben wolle; er wusste aber, dass sie nicht allein eine unberührte Jungfrau bleiben wollte, sondern auch ein wildes, [102] 102grausames Weib war, die immer alle ihre Freier zurückgewiesen und alle, die um sie warben, dem Tode überliefert hatte, so dass nicht einer von den vielen war, der nicht die Werbung um sie mit seinem Kopfe gebüsst hätte.

Amleth brach also auf; obwohl ihm da eine gefährliche Gesandtschaft aufgetragen wurde, wollte er doch die von ihm verlangte Gefälligkeit nicht verweigern und vertraute zum Teil auf seine eigenen Knechte, teils auf die Hausleibeigenen des Königs. Als er Schottland betreten und nicht mehr weit von der Wohnung der Königin war, da ging er zu einer am Wege liegenden Wiese, um die Pferde sich erholen zu lassen und überliess sich da, entzückt von der Schönheit des Platzes, der Ruhe – das liebliche Geplätscher eines Baches schläferte ihn ein –, stellte aber in einiger Entfernung Wachtposten auf. Als die Königin Kunde von ihm erhielt, sandte sie zehn Männer aus, um die Annäherung der Fremden und ihre Ausrüstung zu überschauen. Einer von ihnen, geweckten Geistes, täuschte die Wachtposten, trat zuversichtlich heran und zog den Schild, auf den Amleth sein Haupt zum Schlafe gelegt hatte, ganz leise weg, so dass er die Ruhe des darauf Liegenden nicht störte, auch keinem andern in der grossen Menge den Schlummer scheuchte; so konnte er seiner Herrin nicht nur eine Nachricht, sondern auch einen handgreiflichen Nachweis bringen: mit gleicher Gewandtheit nahm er auch den dem Amleth mitgegebenen Brief aus dem Behältnisse, in dem er verwahrt wurde. Als die Königin beides in den Händen hatte, da betrachtete sie eingehend den Schild, entzifferte aus den beigesetzten Spruchbändern den Inhalt der ganzen Darstellung und erkannte, dass der da war, der vermittelst, seines klugen Anschlages die Ermordung des Vaters an dem Oheime hatte rächen können. Als sie auch den Brief einsah, der die Bitte um ihre Hand enthielt, tilgte sie

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_144.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)