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V. Frotho III. 165


erachtet, die sich durch den Glanz hervorragender Thaten grossen Ruhmespreis erworben hatten; Thatenlosigkeit war der schlimmste Fehler an einem Freier. Auch die Jungfrauen bewunderten nicht sowohl schönes Äussere an ihren Freiern, als ruhmreich vollbrachte Thaten. Wer sich um eine Frau bewarb, an dem wurde nichts mehr getadelt, als Mangel an Berühmtheit; nur reicher Ruhm liess ihn auch in allen andern Beziehungen als reich erscheinen. Daher überliessen die Gesandten, die mutlos an der Erfüllung ihrer Aufgabe verzweifelten, die weiteren Schritte in dieser Sache der weisen Götwara. Sie versuchte nicht allein durch Worte, sondern auch durch Liebestränke den Widerstand der Jungfrau zu brechen: sie redete ihr also vor, Frotho könne die linke Hand so gut gebrauchen, wie die rechte, besitze eine vorzügliche Gewandtheit im Schwimmen und Kämpfen; sie brachte ihr aber auch einen Trank bei und verwandelte den starren Sinn des Mädchens in Liebesglut, setzte Liebesdrang an die Stelle der beseitigten Abneigung. Darauf hiess sie den Westmar und Kolo in aller Form vor den König treten und noch einmal ernstlich ihre Botschaft vorbringen; wenn sie ihn schwierig fänden, so sollten sie einer Abweisung durch eine Herausforderung zuvorkommen.

Als daher Westmar mit seinen Begleitern in Waffen die Königshalle betrat, sagte er: „Nunmehr muss man entweder unsere Bitte erfüllen oder mit uns kämpfen. Wir haben uns dahin entschieden, rühmlich zu sterben, ehe wir ohne Erfüllung unseres Auftrags zurückkehren; wir wollen nicht, wenn uns schnöde Zurückweisung trifft, und wir unser Vorhaben nicht ausführen können, von hier, wo wir Ruhm zu erwerben hofften, das Gegenteil davon mit nach Hause bringen. Wenn Du die Tochter versagst, so gewähre Kampf; eins von beiden musst Du geben. Wir wollen sterben oder erhört werden. Wenn wir bei Dir keine freudvolle Ernte gewinnen, so wollen wir eine leidvolle halten. Frotho wird die Kunde von unserem Tode lieber hören, als von unserer Zurückweisung.“ Nicht mehr sprach er und drohte, den König mit dem Schwerte zu Tode zu treffen. Dagegen sagte der König, es gebühre sich

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_175.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)