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178 Fünftes Buch.


Sehn wir die Ohren des Wolfs auftauchen in dunkelem Umriss,
Gleich dann erschallet der Ruf: „Hütet euch, nah’ ist der Wolf.“

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Treue nicht schuldet man dem, der selber nicht Treue besitzet,

Dem nicht, den da verklagt laut des Verrats das Gerücht.

Grep:

Bald für Dein thöricht Geklatsch sollst büssen Du, schamloser Bube,
Uhu, verflogen vom Weg, Nachteule, scheuend das Licht.

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Was Du hier sinnlos geplärrt, das sollst Du noch bitter bereuen,

Und mit dem eigenen Tod büssest Du ruchloses Wort.
Raben im Tode Du wirst mit dem blutlosen Leibe ernähren,
Beute dem wilden Getier, gierigem Vogel ein Frass.

Erik:

25
Feiglings Verkündung und Wunsch eines Schurken, das Kind seines

Wesens,
Beide vermochten es nie, Schranken zu halten im Mass.
Wer seinen Herren betrügt, wer schändliche Künste sich annimmt:
Fallstricke legt er dem Freund, Fallstricke legt er sich selbst.
Wer in dem Hause den Wolf aufzieht, der ernähret, so sagt man,

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Selbst sich den Räuber, dem Haus selber das böse Geschick.


Grep:

Nicht ich habe die Herrin, wie Du wähnst, treulos betrogen,
Hilfe und sicheren Schutz bot ich dem zarten Geschlecht.
[134] 134Sie hat mir Güter geschenkt, ihre Hand hat entgegen gebracht mir
Gaben, Gewalt und Besitz, selber gegeben auch Rat.

Erik:

Siehe, Dich drücket mit quälender Sorge die Schuld! o wie frei doch
Regt sich und sicher der Mann, dem ohne Fehl ist das Herz.
Stets ist betrogen der Mann, der den Knecht sich erwählte zum Freunde,
Pflegt doch der Sklave so gern Schaden zu bringen dem Herrn.

Darauf wusste Grep keine passende Erwiderung zu finden und gab seinem Pferde die Sporen. Als er nach Hause kam, erfüllte er den Palast mit lärmendem Geschreie und verkündete mit lauter Stimme, dass er im Wortgefechte überwunden sei und rief alle Trabanten zu den Waffen, als wolle er sich für sein unglückliches Wortgeplänkel mit der Hand rächen. Er schwur, er werde die Schar der Fremden unter die Klauen der Adler legen. Der König dagegen machte ihn darauf aufmerksam, dass man einer Aufregung Überlegung entgegenstellen müsse: plötzliche Entschlüsse schadeten meist, nichts

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_188.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)