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V. Frotho III., Erik. 185


die Speisen selten, und die Diener holten andere für den Bedarf und aus Rücksicht auf die höfische Sitte; sie mussten auf ein kleines Abendessen verwenden, was für ein grosses Gastmahl hätte ausreichen können. Da sagte der König: „Pflegt denn der Mann des Göther ein nur einmal angerührtes Gericht wie abgebrochene Speisebrocken umkommen zu lassen und die besten Schüsseln wie schlechte Überbleibsel zu verschmähen?“ Darauf Erik: „An den Sitten des Göther kann ungeordnete Regung nichts für sich in Anspruch nehmen, keinen Platz hat da ungeziemende Gewohnheit.“ Frotho: „Dann liegst Du mit den Sitten deines Herren im Streite, und es ist bewiesen, dass Du nicht auf alle kluge Weise aufgemerkt[WS 1] hast. Denn wer den Beispielen seiner Herren entgegengesetzt handelt, der erweist sich als Überläufer und Abtrünniger.“ Darauf sagte Erik: „Der Kluge muss vom Klügeren belehrt werden; denn durch Lernen kommt die Weisheit vorwärts, durch Unterweisung wird das Wissen gefördert.“ Frotho: „Welche vorbildliche Lehre soll dieser Erguss Deines Wortreichtums mir geben?“ Erik: „Sicherer deckt den König kleine Treue, als zahlreiche Untreue.“ Frotho: „Also Du bist uns mehr ergeben, als die andern?“ Erik: „Niemand stellt ein nicht geborenes (Füllen) in den Stall oder ein neugeborenes an die Krippe. [139] 139Du hast noch nicht alles erprobt. Ausserdem pflegte bei Göther zum Mahle sich der Trunk zu gesellen; Trunk noch zur Speise reichlich gespendet erfreut die Schmausenden.“ Frotho: „Ich habe noch nie so unverschämt nach Trank und Speise verlangen hören.“ Erik: „Wenige schätzen das Bedürfnis des Schweigenden und messen die Not des Stummen.“ Da wurde der Schwester des Königs der Auftrag erteilt, Trunk in einer grossen Schale zu bringen. Erik ergriff mit dem dargebotenen Becher zugleich ihre rechte Hand und sagte: „Bester der Könige! hat dieses mir Deine Milde als Geschenk bestimmt? Sagst Du, dass das, was ich halte, mir als unwiderrufliches Geschenk zu teil werden soll?“ Der König sagte das Geschenk zu, denn er meinte, er verlange nur den Becher. Aber Erik zog die Jungfrau an seine Seite, als zugleich mit dem Becher gegeben. Als der König


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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_195.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)