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V. Frotho III., Erik. 187


Anders ist’s einmal nicht: beim Spiel der Venus sei rührig,
Jegliche Arbeit verlangt Anstrengung eigener Art,
Schmiegt sich Körper an Körper, das heisst, ist willig das Mädchen –
[140] 140Zaudert dann wohl ein Mann, auch noch das Seine zu thun?[1]

Demgegenüber wurde Götwara als der Rede ermangelnd genötigt, dem sie den Tod bestimmt hatte, das Gold zu übergeben; dem Mörder ihrer Söhne zahlte sie anstatt der Strafe ein prächtiges Geschenk. Gesteigert wurde damit ihr Missgeschick, nicht fand ihr böser Wille seine Befriedigung. Denn erstens der Kinder beraubt und zweitens durch die wuchtigen Worte auf den Mund geschlagen, verlor sie mit dem Besitztume zugleich den Ruhm der Redefertigkeit. Sie beglückte den, der ihr die Kinder genommen; der sie kinderlos gemacht, den beschenkte sie mit einer Belohnung, und anstatt den Tod der Söhne zu ahnden, erntete sie nichts wie den Schimpf der Dummheit und Einbusse an Habe. Als Westmar das sah, beschloss er den im Wort Überlegenen mit Kraft anzugreifen, und zwar schlug er als Siegespreis den Tod des Besiegten vor, so dass beider Leben als Pfand gesetzt erschien. Erik wies den Vorschlag nicht zurück: man sollte nicht sagen, er sei zwar schlagfertig mit dem Worte, aber säumig mit der That. Es war aber die Art des Kampfes folgende: Es pflegte den Kämpfern, die mit gewaltiger Anspannung der Füsse und Hände streiten müssten, ein Ring, aus Widen oder Stricken zusammengedreht, gegeben zu werden, den sie mit einem Ruck wegreissen mussten; dem Stärkeren verlieh er den Siegespreis: wer von den Kämpfern ihn dem andern entriss, der galt als Sieger. Indem Erik in dieser Weise kämpfte, zog er den Strick scharf an und entriss ihn den Händen seines Partners. Als Frotho das sah, sagte er: „Schwierig erachte ich es, gegen den Starken mit dem Stricke zu kämpfen.“ Und Erik: „Ja, schwierig, wenn am Körper ein Kropf sitzt oder auf dem Rücken ein Höcker.“ Und sofort brach er mit einem tödlichen Fusstritte dem Alten das morsche Rückgrat und


  1. Die Aufgabe bei dieser Wechselrede scheint nur zu sein, dass der eine den andern in unzüchtigen Reden überbietet; übrigens ist die Übersetzung sehr zahm gehalten, doch so, dass sie mehr erraten lässt.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_197.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)