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190 Fünftes Buch.


mich einem gemeinen Manne eingeräumt habe, ich, der ich für erlauchte Männer unbesiegbar war. Das ist für einen König ein grosser Antrieb, sich zu schämen. Für einen Fürsten genügt der Grund allein schon zum Sterben, denn für ihn darf es nichts Höheres geben, als den Ruhm, und wenn er den nicht hat, hat er auch alles andere nicht. Denn an einem Könige ist nichts herrlicher als sein Ruf. In meinem Besitze war die Fülle der Klugheit und der Redefertigkeit. Jedoch der beiden Dinge, die mir Macht verliehen, bin ich nun verlustig gegangen, um so leidvoller, als ich, der Sieger über Könige, von einem Bauern besiegt bin. Wozu schenkst Du mir das Leben, wenn Du mir den Ruhm genommen? Schwester, Reich, Schatz, Hausrat und, was mehr wert als das alles ist, den Ruhm habe ich verloren, unglücklich durch so viel Zufälle, wie Du beglückt. Wozu werde ich lebend für solche Schmach aufgespart? Welche Freiheit kann für mich so beglückend sein, dass sie die Schmach der Gefangenschaft von mir nimmt? Was soll mir die Folgezeit bringen, die immer nur an das Elend der früheren Zeiten erinnernd meinem Herzen ewige Reue gebären wird? Was soll mir eine Verlängerung des Lebens nützen, die immer nur das Andenken an mein Leid wecken wird? Nichts ist für Unglückliche freudvoller als der Tod. Beglückend ist das Ende, das erwünscht kommt; es nimmt nicht die Süssigkeit der Zeit, sondern tilgt den Lebensüberdruss. Im Glücke wünscht man langes Leben, im Unglücke lieber den Tod. Keine Hoffnung auf bessere Zeiten lässt in mir den Wunsch nach Leben entstehen. Welcher Zufall kann das bis auf den Grund zerstörte Los meines Geschicks wieder ausbessern? Und bereits dächte ich an das alles nicht mehr, wenn Ihr mich nicht aus der Lebensgefahr gerettet hättet. Gieb mir das Reich zurück, führe mir die Schwester zurück, stelle mir den Schatz zurück: den Ruhm kannst Du mir nicht wieder heil machen. Nichts, was geflickt ist, wird den Glanz des neuen haben. Dass Frotho gefangen gewesen ist, wird das Gerücht unsterblich melden. Und wenn Ihr alles das zusammenzählt, was ich an Tücke über Euch gebracht, so habe ich verdient, durch

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_200.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)