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V. Frotho III., Erik. 195


durch ein Band festgemacht werde, und dass gleicherweise jede noch so schwere Strafe zu Boden falle, wenn sie nicht die Kette der Schuld fest hefte. Das hätten sie jüngst bei Frotho erfahren, als sie erlebten, dass ihre Unschuld unter den bösesten Zufällen durch die helfende Hand der Götter geschützt sei, und wenn sie sich ihre Schuldlosigkeit auch ferner bewahrten, so dürften sie auch auf eine gleiche Unterstützung in Widerwärtigkeiten hoffen. Sie müssten zunächst eine Flucht vorgeben, um einen gerechten Kriegsgrund zu haben, wenn sie zuerst von Götar angegriffen würden. Denn, dass man seine Hand einer Lebensgefahr abwehrend entgegenstrecke, das sei nach allem Rechte gestattet. Selten aber könne ein Mann einen gegen Schuldlose begonnenen Kampf glücklich zu Ende führen. Zuerst also müssten sie den Feind zu einem Schritte gegen sie verlocken, damit ein gerechter Grund sich ergebe, ihn anzugreifen. Mehr sprach er nicht, sondern ging nach Hause, um Brak einen Besuch zu machen. [146] 146Darauf wandte er sich zur Gunwara und fragte sie, um ihre Treue auf die Probe zu stellen, ob sie den Götar gern habe; es sei doch nicht recht, dass eine Königstochter an einen unedlen Mann gekettet sei. Sie aber beschwor ihn bei der Götter Hoheit, ob er das nur zum Scheine sage oder wirklich gedacht habe. Als er sagte, er spräche im Ernste, da sagte sie: „Also willst Du mir die grösste Schande anthun, willst mich, die Du als Jungfrau geliebt, als Witwe lassen? Oft spendet der Mund des Volkes Lob im Widerspruche mit der Wirklichkeit; mich hat auch meine Vorstellung von Dir getäuscht. Ich glaubte einen festen Mann geheiratet zu haben, und jetzt lerne ich den als leicht wie den Wind kennen, den ich für unverbrüchlich treu hielt.“ Nach diesen Worten vergoss sie Thränen in Strömen. Lieb war dem Erik die Erregung seiner Frau, er umarmte sie und sagte: „Ich wollte wissen, wie treu Du bist. Der Tod allein hat die Macht, uns zu trennen. Jedoch Götar sinnt darauf, Dich mir zu rauben, Liebe suchend durch Freibeuterei. Wenn er den Raub vollbracht hat, so stelle Dich, als sei es Dein Wunsch gewesen; schiebe aber die Hochzeit hinaus, bis er mir an Deiner Stelle

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_205.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)