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218 Fünftes Buch.


sich der hässliche Anblick einer unvernarbten frischen Wunde. Als Asmund von den Umstehenden aufgefordert wurde, ihnen den Grund der Wunde kund zu geben, begann er so zu sprechen:

[163] 163Sagt, was staunt Ihr, die Ihr farblos, bleich und elend mich erblickt?
Unter Toten büsst doch jeder, der noch lebt, die Frische ein.

Ach! wer einsam, dem ist freudlos jeder Wohnplatz auf dem Erdkreis;
Der ist elend, dem das Schicksal hat versagt hilfreiche Hände.

5
In der Höhlung, in dem Nachttraum, in der finstern alten Grotte

Sind die Freuden aus den Augen und dem Herzen mir geschwunden.
Kaltes Erdreich, dumpfer Hügel und des Schmutzes und des Unrats
Böser Brodem hat gebrochen mir der Jugend strahlend Antlitz,
Hat entstellt mich, hat geschwächt mir meiner Glieder wucht’ge Kräfte.

10
Noch zu allem musst’ ich ausstehn, musste leiden schrecklich Fahrnis:

Denn zerfleischend mit den Nägeln, wieder lebend, packt’ mich Aswit,
Focht mit Kräften aus der Hölle nach dem Tode grause Kämpfe.

Sagt, was staunt Ihr, die Ihr farblos, bleich und elend mich erblickt?

15
Unter Toten büsst doch jeder, der noch lebt, die Frische ein.

 Stygischen Gottes Gebots dunkeles Walten
 Sandte mir Aswits Geist auf aus der Tiefe;
 Mit dem grausigen Zahn zehrt’ er das Ross auf,
 Bot als Speise den Hund scheusslich dem Munde.

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 Nicht war Frass ihm genug Hündlein und Streitross,

 Nunmehr lenkt’ er auf mich reissende Nägel,
 Kratzte die Wange mir auf, raubte das Ohr mir.
 Drum ist das Antlitz mir schaurig zerrissen,
 Drum aus hässlichem Riss rinnet das Blut mir.
 Doch nicht tobte der Graus ohne die Strafe:
 Denn mit sicherem Hieb schlug ich den Kopf ab,
 Stiess durch den schädlichen Leib bohrend den Pfahl ihm.
Sagt, was staunt Ihr, die Ihr farblos, bleich und elend mich erblickt?
Unter Toten büsst doch jeder, der noch lebt, die Frische ein.

Und schon hatte Frotho seine Flotte nach dem Gebiete von Halogia vorgehen lassen; um einen Begriff zu erhalten von der Menge seiner Leute, die jedes Mass und jeden Ausdruck durch eine Zahl zu übersteigen schien, liess er von ihnen einen Hügel, aufführen, indem Mann für Mann einen Stein zu Haufen warf. Diese selbe Weise der Zählung des Heeres wandte auch der Feind an; die Hügel, die jetzt noch zu sehen sind, liefern einem jeden, der sie besichtigt, den

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_228.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2022)