Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 238.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
228 Fünftes Buch.


hinfälligen Körper nur mühselig den Rest seines Greisenlebens noch dahinschleppe. Als er dem mütterlichen Geheisse die Gefahr entgegenhielt, hiess sie ihn gutes Mutes sein: entweder werde eine Seekuh Junge gebären, oder irgend ein anderer Zufall werde der Rache entgegenarbeiten. Durch diese Verkündigung zerstreute sie das Bedenken des Sohnes und brachte ihn dazu, ihrer Mahnung zu gehorchen. Frotho aber betrachtete dies als einen ihm besonders angethanen Schimpf und eilte mit grossem Eifer und grosser Hast, um das Haus der Frau niederzureissen und schickte Leute voraus, die sie mit ihren Kindern festnehmen und vor ihn führen sollten. Die Frau wusste das zum voraus, blendete ihre Feinde durch einen Zauber und verwandelte sich in die Gestalt einer Stute. Als aber Frotho herankam, nahm sie die Gestalt einer Seekuh an und schien auf dem Strande umherlaufend ihr Futter zu suchen; auch ihre Söhne verzauberte sie in kleine Kälber. Der König staunte ob dieser sonderbaren Erscheinung und hiess sie umgehen und ihnen den Rückweg zu den Wogen abschneiden. Darauf verliess er den Wagen, dessen er sich wegen der Schwäche seines bejahrten Körpers bediente und setzte sich voller Verwunderung auf den Erdboden. Da fiel aber die Mutter, welche die Gestalt des grossen Tieres angenommen hatte, den König mit vorgestrecktem Horne an und durchbohrte ihm eine Seite. An dieser Wunde starb er und fand somit ein seiner Hoheit unwürdiges Ende. Seinen Tod eilten seine Mannen nicht ungerächt zu lassen, zielten mit ihren Speeren auf die sonderbaren Erscheinungen und durchbohrten sie. [171] 171Nachdem sie totgestochen waren, sahen sie, dass es Menschenleiber mit Tierköpfen waren. Das verriet hauptsächlich die Zauberei. Dieses war das Ende des Frotho, des über den ganzen Erdkreis berühmten Königs. Seine Leiche legten die Vornehmen nach Entfernung der Eingeweide in Salz und bewahrten sie drei Jahre lang auf; sie befürchteten nämlich einen Abfall der abhängigen Länder, wenn das Abscheiden des Königs bekannt würde, und sie wünschten gerade deshalb seinen Tod dem Auslande zu verbergen, damit sie mit dem Scheine,

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_238.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)