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VI. Fridlew. 243


Gebet den Tempel der Götter. Dort sah er bei einem Blicke in die Kapelle auf drei Sitzen drei Nymphen sitzen. Die erste von ihnen, milden Sinnes, schenkte dem Knaben edle Gestalt und reiche Fülle der Beliebtheit bei den Menschen; die zweite schenkte ihm als ihre Gabe hervorragende Freigebigkeit; die dritte aber, ein Weib schadenfrohen Sinnes und missgünstigen Wesens, wollte von der gleichmässigen Gunst ihrer Schwestern nichts wissen, wünschte ihren Gaben zu schaden und heftete also den zukünftigen Sitten des Knaben das Laster der Sparsamkeit an. So wurden die wohlwollenden Gaben der andern durch das Gift eines böseren Loses entstellt, und die Folge war, dass dem Olaw, entsprechend der doppelten Natur der Gaben, eine mit Sparsamkeit gemischte Freigebigkeit zu einem Beinamen verhalf. So geschah es, dass die Schönheit der ersten Gunst der dem Geschenke angeheftete Schandfleck entstellte.

Als Fridlew auf seinem Rückwege von Norwegen durch Schweden zog, übernahm er freiwillig die Rolle eines Boten und gewann dem noch unbeweibten Haldan die Tochter des Hythin, die er einst einem Ungeheuer entrissen hatte. Inzwischen gebar seine Gemahlin Frogerth den Frotho, der seinen [182] 182Beinamen von seiner ausnehmenden Freigebigkeit erhielt. Deshalb wurde Frotho wegen der Erinnerung an die glückliche Natur seines Grossvaters, die er mit seinem Namen lebendig machte, von der Wiege und den ersten Anfängen der Kindheit an allen so lieb, dass man ihn nicht auf der Erde gehen oder stehen liess, sondern ihn unter Küssen hegend auf den Armen trug. So war er nicht einem Erzieher zugesprochen, sondern er war gleichsam der allgemeine Zögling der ganzen Welt. Als aber sein Vater gestorben und er zwölf Jahre alt war, da kündigten die Unterkönige von Sachsen, Swertingus und Hanewus, den Gehorsam auf und versuchten im offenen Kampfe sich zu widersetzen; er aber überwand sie in der Schlacht und legte den besiegten Stämmen die Strafe auf, als Zeichen der Abhängigkeit Kopf für Kopf ein Geld zu zahlen. Er war aber so freigebig, dass er den früheren Sold des Heeres mit noch nie dagewesener Spende verdoppelte.

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_253.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)